Auf verwachsenem Pfade ausgebremst

HINTERGRUND / KRIMMLER TAUERNWEG / SANIERUNG

12/06/23 Schmuggler gehörten wohl immer dazu. Auch Menschen-Schmuggler:  Der historische „Krimmler Tauernweg“ war der letzte Aus-Weg für viele Juden auf der Flucht vor den Nazis. Die erste Karte ist von 1551. Den Weg gibt es seit der Bronzezeit. Kein Wunder, dass er ein wenig desolat geworden und sanierungsbedürftig ist.

Von Heidemarie Klabacher

Der historische „Krimmler Tauernweg“ reicht von der Windbachalm bis zur Staatsgrenze nach Italien. Die erste neuzeitliche Kartenaufzeichnung stammt aus dem Jahr 1551. Den Weg gibt es seit der Bronzezeit. Kein Wunder, dass er ein wenig desolat geworden und sanierungsbedürftig ist.

Auf Salzburger Seite führt er vom Windbachtal, einem Seitental des Krimmler Achentals, hinauf zur Passhöhe des Krimmler Tauern an der österreichisch-italienischen Grenze in 2.633 m Seehöhe: „Der Krimmler Tauernweg wurde bereits in vorrömischer Zeit genutzt und war seit dem Mittelalter ein wichtiger Säumerweg als Handelsroute zwischen Salzburg und Südtirol“, heißt es auf der Website des Bundesdenkmalamtes. „Aus dem Jahr 1154 ist urkundliche belegt, dass Bozener Wein über den Krimmler Tauern gesäumt wurde. Der Weg wurde in dieser Zeit auch als Ausweichroute benutzt, wenn einfachere Alpenpässe wie der Brenner aufgrund politischer Streitigkeiten nicht begehbar waren. So verwendete ihn etwa der spätere Kaiser Karl IV. im Jänner 1340 trotz schwierigster Wetterbedingungen. Über den Saumpfad wurden die Handelswaren mittels Rückentragen oder Tragtieren transportiert – Salz in den Süden und umgekehrt Wein und Schnaps in den Norden.“

Nach dem Ersten Weltkrieg gab es neue Grenzen, „der Krimmler Tauernweg war nicht mehr nur ein alpenüberquerender Säumerpfad, sondern zugleich auch Grenzübergang zwischen zwei Staaten. 1923 wurde der Vieh-Übertrieb für Südtiroler Bauern, die im Krimmler Achental Almgründe besitzen, durch ein Abkommen zwischen Italien und Österreich gesetzlich geregelt. Geschmuggelt wurde auch.

„Eine besondere Rolle spielte der Krimmler Tauernweg 1947 als Fluchtroute, als etwa 5.000 osteuropäische Holocaustüberlebende von der jüdischen Hilfsorganisation Brichah über den Krimmler Tauern nach Italien geschleust wurden, um über den Hafen von Genua nach Palästina zu gelangen, das unter britischem Mandat stand. Man wählte diese Strecke, weil es die einzige Stelle der amerikanischen Besatzungszone in Österreich war, die direkt an Italien grenzte.“

Vielleicht hätte – angesichts der historischen Bedeutung des Pfades – das Bundesdenkmalamt doch besser nicht ausgebremst werden sollen? Mit dem Krimmler Tauernweg werde einer der nachweislich ältesten Übergange über die Hohen Tauern saniert, meldet das Land Salzburg. Der Pfad vom Krimmler Achental über das Windbachtal im Pinzgau hinauf zum rund 2.600 Meter hohen Krimmler Tauern sei durch Verwitterung in Mitleidenschaft gezogen worden. Bereits 2020 habe die Alpenvereinssektion Krimml-Warnsdorf mit Genehmigung der Nationalparkverwaltung die Sanierung begonnen. Aber? „Die Auflagen der Landesumweltanwaltschaft und des Bundesdenkmalamtes waren zu umfassend, sodass der Alpenverein das Vorhaben der Sanierung nicht mehr weiterverfolgen konnte“, wird Landesrätin Daniela Gutschi in einer Aussendung zitiert. Sie habe daher veranlasst (und sich über das Bundesdenkmalamt hinweggesetzt?), „dass der Nationalparkfonds das Projekt übernimmt“. Dadurch sei für die Sanierung „kein Behördenverfahren mit Parteistellung der Landesumweltanwaltschaft notwendig“.

Nun also leitet die Nationalparkverwaltung die Erneuerung des 6,5 Kilometer langen Teilstückes. Begonnen wird im Juni, abgeschlossen werden soll das Gemeinschaftsprojekt diesen Sommer. Das Nationalparkressort des Landes fördert mit 30.000 Euro. Der Patenschaftsfonds des Österreichischen Alpenvereins beteiligt sich mit 20.000 Euro. Auch das Bundesdenkmalamt habe „einen positiven Bescheid“ erlassen.

Der ursprüngliche Abschnitt des „Krimmler Tauernweges“ ist 6,5 Kilometern lang wird noch immer von Südtiroler Bauern als Viehtriebweg genutzt. Sieben Landwirte aus dem Norden Italiens besitzen im Krimmler Achental ihre Almen, drei Bewirtschafter treiben derzeit immer noch im Herbst ihre Rinder über den Tauern ins heimatliche Südtiroler Ahrntal. In erster Linie gehe es bei der Sanierung darum, den Weg zu befestigen und zu entwässern. „Derzeit fließt viel Wasser über die Strecke. So vermitteln einzelne Passagen den Eindruck eines Bachbettes. Auch Vermurungen treten gehäuft auf und machen einzelne Abschnitte schwer passierbar.“ Gearbeitet wird vom Krimmler Tauernpass talwärts, so Projektleiter Stefan Lerch. Wie bei Bauwerken legt man auf historische Techniken wert: „Die Sanierungen sollen möglichst in traditioneller Bauweise händisch durchgeführt werden.“ Wird das Bundesdenkmalamt sicher freuen.

Weitere historische und technische Details über den Krimmler Tauernweg www.bda.gv.at
Bilder: Bundesdenkmalamt / Stephan Bstieler