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Madrigale und Bluttat-Dämonen

LANDESTHEATER / BALLETT / GESUALDO

17/10/16 Gesualdo sitzt in einem Kreis von Totenköpfen vor blutrotem Meereshintergrund. Immer wieder suchen ihn die Erinnerungen an seine Gräueltat heim und die Dämonen bemächtigen sich seiner. – Peter Breuers Ballett „Gesualdo“ im Landestheater.

Von Elisabeth Aumiller

Peter Breuer ging zusammen mit Maren Zimmermann und Bruno Schwengl auf Spurensuche nach dem neapolitanischen Renaissance-Komponisten Carlo Gesualdo, Prinz von Venosa, der mit Torquato Tasso befreundet war. Ein abendfüllendes Ballett ist daraus entstanden, dessen Uraufführung im Landestheater begeistert gefeiert wurde. Tänzerisch liefert Peter Breuer mit seiner personenreichen Crew eine hervorragende Show. Seine choreografischen Kombinationen, Schrittfolgen, Ensemblepositionen Soli und Pas de deux' sind originell zusammengestellt, eindrucksvoll in ihrer Vielfalt und von den Tänzern brillant umgesetzt.

In Gesualdos ehemaligem Palazzo soll es spuken, sagen die Neapolitaner, weil der Renaissancefürst 1590 seine schöne Frau und ihren Liebhaber in der brutalsten Weise ermordete. Gesualdo widmete sich fortan der Musik, komponierte harmonisch aufgereizte, innige Madrigalgesänge. Vergeblich versucht ihn seine zweite Frau Leonora aufzuheitern. Auch mit Hilfe eines Alchemisten gelingt es ihr nicht, die schwarzen Gedanken, die ihn in immer kürzeren Abständen überkommen, zu vertreiben. Die Erinnerung an die Bluttat lässt ihn nicht mehr los. Immer wieder durchlebt er die Mordnacht, sieht das Liebespaar vor sich, fragt sich, wieso Torquato Tasso seiner Frau Gedichte geschrieben hat. Das Misstrauen überwältigt ihn, die Dämonen lassen ihm keine Ruhe. Er wünscht sich den Tod., der ihn schließlich erlöst, nachdem er sich seiner Vergangenheit gestellt hat.

In die Musikgeschichte eingegangen ist Gesualdo ob der harmonischen Kühnheiten in seinen Madrigalen. Wolfgang Rihm sagt: „Gesualdos Musik klingt, als würde ein hautwandiger Raum von selbst zu klingen beginnen. Gerade hat der Principe noch mit dem Dolch in Leichen gestochert, schon setzt er peinvolle, subtile Kontrapunkte, die schönsten, die es gibt.“

Peter Breuer hat mit seinem Gesualdo-Ballett ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk geschaffen. Bruno Schwengl hat mit schönen Kostümen bereichert und einer reizvollen Kulisse, die zwischen variablem rotem Meeresbild und einer bühnengroßen Mandoline wechselt. Die Musikauswahl, von Eduardo Boechat arrangiert, ist vielfarbig und nahtlos kombiniert und bildet mit dem tänzerischen Bewegungsvokabular eine wunderbar symbiotische Kongruenz. Mit Musik von Eduardo Boechat, Brett Dean, Carlo Gesualdo, Benjamin Godard, Walter Haupt, Avo Pärt und Igor Strawinsky hat Breuer eine akustische Kulisse zur Verfügung, die seinen Tanzkreationen den rechten Stoff und vielfältigsten Anreiz liefert.

Höchst eindrucksvoll sind die live gesungenen Madrigale, deren Wortgehalte zwischen Liebessehnsucht und Liebesschmerz pendeln. Die jungen Gesangssolisten, in schöne stilisierte Renaissancegewänder gekleidet, brillieren mit als feines A-capella-Quintett. Tamara Ivaniš, Maria Hegele, Alexander Hüttner, Elliot Carlton Hines und Raimundas Juzuitis wurden einstudiert von Wolfgang Götz. Beste Zeugnisse für Gesulados kompositorischen Manierismus. Im übrigen reichen Musikarrangement aus der Konserve, jazzige Elemente sind passend eingebunden, harte Dissonanzen und musikalisch abrupte Wechsel machen die dämonischen Einbrüche noch eindringlicher.

Marian Meszaros glänzt als Titelheld pantomimisch intensiv und überzeugend. Er ist von Anfang an den ganzen Abend präsent auf der Szene und teilt die reine tänzerische Beweglichkeit mit diversen Ruhestellungen des schmerzlichen Sinnierens. Er habe in Gesualdo seine große Rolle gefunden, gestand ihm Breuer bei der Einführung zu. Liliya Markina ist eine elegante Leonora von jugendlichem Liebreiz im federleicht schwebenden Spitzentanz. Anna Yantschuk und Iure de Castro, der großen Mandoline entsteigend, glänzen als die verblichene Anna d'Avalos und Torquato Tasso. Einen Tasso-Text spricht Gero Nievelstein als hübsche Variante unter den Erinnerungsbildern Gesualdos. Miriko Karube geistert als der bedrohliche Tod durch die Szenerie. Furchterregend mit energiegeladenen Sprüngen und ekstatischen Tanzpositionen sind die zahlreichen Solisten der Dämonen. Fünf leichtfüßige Tanz-Doppelgänger zu den Sängern begleiten optisch die Madrigale.

Aufführungen bis 25. Mai 2017 – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Anna Maria Löffelberger

 

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