Und wer putzt in Europa?

SOMMERSZENE SALZBURG 2017

11/05/17 Viel Tanz, „leichtfüßig, humorvoll, verstörend“, politisches Theater und Performances im Öffentlichen Raum  bringt die Sommerszene von 20. Juni bis 1. Juli in fünf Österreichischen Erstaufführungen, drei Neuproduktionen für die Sommerszene und zwei Gastspielen.

Von Heidemarie Klabacher

Intendantin Angela Glechner präsentierte das Programm 2017 heute Donnerstag (11.5.) in den Kavernen. Der perfekte Ritter - ohne Furcht und Tadel, nur leider körperlos... Die franko-kanadische Tänzerin und Choreografin Louise Lecavalier bringt zur Eröffnung der Sommerszene am 20. Juni ihr virtuoses Stück „Battleground“ ins republic: Aufs Schlachtfeld zieht der körperlose Held aus Italo Calvinos Erzählung „Der Ritter den es nicht gab“. Das Salzburger Kollektiv ohnetitel lädt mit „Gärten von Gestern“ zu einem Spaziergang in den Kommunalfriedhof. Nicht Trauer oder Vergänglichkeit seien das Thema, sondern „Techniken des Erinnerns“. Auf jeweils etwa 25 Zuschauer warten etwa siebzig Ausführende mit einen geführten Spaziergang mit Musikkapelle, zehn Grammophonen, fünfzehn lebenden Bildern und 213 Fotos.

Der Katalane Pere Faura zitiert in seiner choreographischen Collage „No Dance, No Paradise“ legendäre Soli der Tanzgeschichte von Gene Kelly, Anne Teresa De Keersmaeker, Anna Pavlova und John Travolta: Seine Interpretationen von Singing in the Rain, Fase, Schwanensee und Saturday Night Fever sind symbolische Gesten der Anerkennung und Bewunderung, aber auch Projektionsflächen für neue Sichtweisen und Kontexte.

Ebenfalls den öffentlichen Raum, den Alten Markt, bespielt der japanische Performer Michikazu Matsune gemeinsam mit SEAD-Studierenden. Er werfe, so Angela Glechner, in „What The Hell“ einen humorvollen Blick auf unsere heutige Welt in ihrer Hoffnungslosigkeit und mit ihren ungelösten Problemen.

Wie Emotionen dargestellt werden können, wird Claire Croizé in ihrer aktuellen Produktion „Evol“ mit vier Tänzern und der Musik von David Bowie erkunden. „Die rechtsextremen Parteien Europas wollen den Kontinent von Migranten ‚säubern‘ – aber wer macht in Europa eigentlich sauber?“ In dem europaweit bejubelten Doku-Theater „Clean City“der griechischen Regisseure Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris erzählen fünf Migrantinnen mit Witz und Chuzpe von ihrem Alltag als Reinigungskräfte in Athen: „Ein reines Sprechtheater-Stück, das wir im Schauspielhaus auf die Bühne bringen werden“, so Angela Glechner. „

Für Kultfiguren und Sympathieträger des 20. und 21. Jahrhunderts, Barack Obama und Lady Diana waren schon dran, interessiert sich das spanisch-österreichische Künstlerpaar Navaridas & Deutinger. In ihrer neuen Produktion „Pontifex“ dient ihnen die Rede zur Lage Europas von Papst Franziskus Grundlage für ihre Produktion mit Text, Zeichnung und Tan. „Er ist ein recht guter Performer“, sagten Navaridas & Deutinger über den Papst. – „Pontifex“ gehört zu den Uraufführungen der Sommerszene 2017, wie „Gärten von Gestern“, „What the Hell“ und „Long Past“ von Rosalba Torres Guerrero: Sie wird mit auf Einladung des SEAD – Salzburg Experimental Academy of Dance mit Tänzern der Kompanie Bodhi Project ein Stück über die Beziehung „zu sich selbst und zu anderen in einer geschlossenen Welt“ erarbeiten.

Meg Stuart kehrt zurück zur Sommerszene mit ihrer Produktion „Built to Last“: Das 2012 entstandene Stück ist für Angela Glechner ein Meilenstein in der Karriere der vom Sprechtheater etwa eines Christoph Marthalers stark mitgeprägten Star-Choreografin.

Sie gebrauche das Wort nicht gerne, aber auf Simon Mayer passt es: „Er ist tatsächlich ein Shootingstar der österreichischen Performance-Szene“, sagt Angela Glechner. Mit Schuhplatteln und Lederhose sei in der tänzerisch-musikalischen Performance „Sons of Sissy“ alles vertreten, was das Brauchtums- und Volkskultur-Herz begehre – nur werde die Lederhosen alsbald abgelegt und die Tradition lustvoll hinterfragt.

Das gesamte Programm und weitere Infromationen zur Sommerszene 2017 - www.szene-salzburg.net

Bilder: Sommerszene/Christina Georgiadou; Clara Wildberger; Herman Sorgeloos