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Einsamkeit zwischen Licht und Schatten

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / MUSIKTHEATER

24/01/18 Arnold Schönbergs „Pierrot lunaire“ und eine Uraufführung, „Lob des Schattens“ von Oscar Jockel, wurden am 22. und 23. Jänner im Großen Studio der Universität Mozarteum szenisch aufgeführt – und leider nicht öfter. Die faszinierende Inszenierung von Karoline Gruber sollte nicht im Depot verschwinden. Vielleicht gibt es ja doch eine Gastspiel-Möglichkeit?

Von Gottfried Franz Kasparek

Der Regisseurin Karoline Gruber und der für „Bühne, Video und Lichtarchitektur“ zuständigen Conny Zenk ist ein Meisterstreich gelungen. Lichtarchitektur? Ja, die „dreimal sieben Lieder nach Albert Giraud“ über den traurigen Pierrot von Bergamo, diese Ikone der Moderne, und das Musiktheater des 22jährigen, am Mozarteum studierenden Regensburgers Oscar Jockel, finden nicht in einem traditionellen Bühnenbild statt. Nahezu pausenlos wandern etliche der Pierrots – es sind in dieser Variante gleich acht, weibliche und männliche - in die Welt japanischer Haikus. Umflutet von Licht und Schatten.

Unerhört, wie viel wundersame Grautöne dieses Lichtspiel entwickelt, neben ein wenig roten und blauen, grandios, wie die Spielfläche in der Mitte des Saals zu einer wahrlich architektonischen Landschaft voll Einsamkeit und Sinnsuche wird, gebildet allein aus Licht.Die fahrenden, durchsichtigen spanischen Wände des ersten Teils sind da schon abgefahren. Manchmal blendet das Seitenlicht ein bisschen zu viel, desto konzentrierter blickt man ins Zentrum des Geschehens.

Es sind Spiele über Menschen, die allein sind, trauernd über unerfüllte Liebe, bei Schönberg ins Surreale träumend, in Jockels Stück in eine seltsame Zwischenwelt gleitend, inspiriert von japanischer Philosophie. Doch da ist Hermann Hesses Wanderer im Nebel sehr nahe: „Entlang der Straße: niemand geht darauf an diesem Herbstabend“, so der letzte der sieben Haikus. Jockel hat eine Partitur für singende, seufzende, schreiende Menschen, für fünf Instrumente und Elektronik geschrieben, die aus irisierenden, direkt in den Bauch gehenden, Assoziationen an Impressionismus und Spektralmusik hervorrufenden, dennoch eigenartig neu wirkenden Klangflächen besteht.

Da ist nicht das artifizielle Gestammel mancher „Neuer Musik“, da ist eine innere Kraft und Energie, eine menschliche Intensität, die jenseits aller Stilfragen mitreißt und ergreift, bis an die Grenze erträglicher Lautstärke. Oper ist das keine, eher eine rituelle Handlung, aber eine Oper wäre Oscar Jockel zuzutrauen. Man darf auf die weitere Laufbahn dieses hochbegabten jungen Komponisten gespannt sein.

Kai Röhrig, der musikalische spiritus rector dieser Produktion, schreitet in der kurzen, dank der Regie die Spannung haltenden Umbaupause zwischen den beiden Stücken wie ein Oberpriester quer durch den Saal, Vorher hat er, einspringend für eine nur szenisch agierende, erkrankte Sängerin, zwei der Pierrot-Lieder vom Dirigentenpult aus selbst rezitiert und als formidable Begabung für diese Art von Sprechgesang überrascht. Als Dirigent der diffizilen Schönberg-Partitur ist er ein mitatmender Gestalter von Weltformat, als Leiter der Uraufführung der beste Geburtshelfer dieses sich stringent auftürmenden Klangrausches, den man sich vorstellen kann. Der Komponist selbst saß dabei am Klavier. Das „NAMES Ensemble Salzburg“ sollte man nun eigentlich mit Namen nennen und auch die insgesamt neun jungen Sängerinnen und Sänger, die zunächst verschiedenste Farben des Pierrot-Daseins erfüllen, und dann, zu sechst, als Mönch, Statue, Tenno, Geisha, Kaiserin und Schatten die essentielle Lebensfrage zwischen Licht und Dunkel stellen. Sie alle waren, bei unterschiedlicher Beherrschung des Deutschen und wohl auch des Japanischen, mit sehr viel Können und spürbarer Liebe bei der Sache. Zu Recht Begeisterung des Publikums

Bild: Universität Mozarteum

 

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