Strudelteig als Leichentuch

TASCHENOPERN FESTIVAL / SALZBURG LIEGT AM MEER

20/09/19 Der eine schleudert elegant aus dem Handgelenk seinen Strudelteig durch die Luft. Die anderen werfen einander böse Worte an den Kopf im Kreuzfeuer von Liebe, Hass und Eifersucht. Voll davon sind die Theaterstücke Shakespeares. Und einiges aus dem Shakespeare-Kosmos erzählen die fünf neuen Mini-Opern beim Taschenopernfestival.

Von Heidemarie Klabacher

Leicht ist es ja nicht, eine „große“ zeitgenössische Oper einem „großen“ Haus zur Uraufführung unterzujubeln. Komponistinnen und Komponisten wissen das. Der Verein Klang 21 setzt daher seit dem Jahr 2005 mit dem Taschenopernfestival auf Kurz-Opern – mit bislang vielen spannenden Beiträgen zum zeitgenössischen Musiktheater. Ab 24. September ist es wieder soweit. Das Taschenopernfestival Salzburg 2019 bringt unter dem Titel Salzburg liegt am Meer fünf Opern von jeweils etwa zwanzig Minuten Spielzeit. Die Themen und Motive stammen aus Komödien und Tradödien von William Shaekspeare.

Was hat es mit dem Strudelteig auf sich? Keine Ahnung vor der Premiere. Aber der renommierte Haubenkoch und langjährige Weiserhof-Wirt Roland Essl ist mit von der Opern-Chef-Partie: Er trägt die Rolle „The Playmaker“, also des Spielemachers, in Stephan Winklers Musiktheater Tongs & Bones. Offenbar ist der Haubenkoch aufgestiegen, welch steile Karriere im Gastgewerbe, zum Chefkoch am Hofe des Elfenkönigspaares Oberon und Titania. 

Sommernachtstraum, genau: „Er ordnet sich der Dienerschaft um Oberon und Titania unter, um sein gemein-heimtückisches Spiel mit den Bühnenfiguren skurril und erschreckend mächtig auf die Spitze zu treiben“, erzählen die Veranstalter. „In seinem Weiserhof hat Roland Essl, der schon immer ein aufgeschlossener Fan des Experimentellen und Neuen war, als Küchenchef auf die besten Seiten der kulinarischen Tradition gesetzt.“ Essels „Gerichte mit Geschichte“ haben die Gäste im Wirtshaus begeistert und sind neuerdings in der Samstags-Kolumne einer großen Salzburger Tageszeitung und mehreren Lese-Kochbüchern nachzulesen. Jetzt also experimentelles Musiktheater mit Maître Essl

Das Taschenopernfestival bringt insgesamt fünf Opern-Miniaturen. Hier die Set-Liste: Die Komponistin Sara Glojnarić schrieb Pray. Chuck. Come Hither für Sopran, Tenor und Ensemble. Von Stephan Winkler ist Tongs & Bones. Eine Metamorphose – von Zettels Traum zu Woodrings Whim und zurück, ein Kleines Musiktheater ohne Worte für Sopran, Tenor, Bariton und neun Instrumente. Hier also spielt der Koch mit seinem Strudelteig eine offenbar zentrale Intriganten-Rolle. Ob der Koch auch singt?

Ich will lächeln, lächeln, lächeln ist der Titel von Gordon Kampes Musiktheater für Sopran, Countertenor, Tenor, eine singende Schauspielerin und Ensemble. Sarah Nemtsov nennt ihre Miniaturoper verflucht. Es ist ein Monolog für Mezzo-Sopran und Ensemble. Ebenfalls direkt im Titel auf Shakespeare bezieht sich Gerald Resch in TitaniaTraum, seiner Taschenoper für Sopran, Countertenor, Bariton und Ensemble.

Mit dem biennalen Taschenopernfestival Salzburg hat es sich Klang21 zur Aufgabe gemacht, Musiktheater der Gegenwart zur Uraufführung zu bringen. „Jeweils vier bis fünf Aufträge zu einem zentralen Thema werden an Komponistinnen und Komponisten mit explizit unterschiedlichen Zugängen und Arbeitsweisen vergeben, um künstlerische, formale und inhaltliche Fragen an das zeitgenössische Musiktheater exemplarisch und divergent zu beantworten“, schildern die Verantwortlichen ihr Anliegen. Das Festival unter der künstlerischen Leitung des  Regisseurs Thierry Bruehl versteht sich als „Plattform und Labor, in dem künstlerische Prozesse der Kunstform Oper gemeinsam vorangetrieben werden“. Die einzelnen Teams entwickeln die gemeinsam in enger Zusammenarbeit zwischen Komposition, Szene, Text und Dramaturgie. Bisher hat Klang 21 35 Werke in Auftrag gegeben, produziert und in Salzburg uraufgeführt. Gastspiele führten Produktionen des Taschenopernfestivals

nach Deutschland, Spanien oder Belgien.

Salzburg liegt am Meer – Taschenopernfestival Salzburg – Premiere am 24. September um 20 Uhr in der Szene Salzburg, weitere Aufführungen am 26., 27. und 28. September - www.klang21.com
Bilder: Klang 21 / Thomas Radlwimmer; Stills aus den beiden Blogs von Thomas Radlwimmer zu Tongs & Bones www.youtube.com und TitaniaTraum www.youtube.com