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Das Blatt hat sich gewendet

KABARETT / MOTZART / OHNE ROLF

02/02/18 Zwei Figuren protestieren gegen ihren Autor. Dass ist nur verständlich. Der eine verwandelt sich in den Augen des anderen in eine Giraffe. Die zunehmenden Selbst- und Fremd-Wahrnehmungs-Differenzen zerstören, was bis dahin eine glückliche Beziehung war. Das wollen Jonas und Christof nicht hinnehmen.

Von Heidemarie Klabacher

Wenn es nur ein Stück absurden Theaters wäre, wäre das neue Programm des Duos „Ohne Rolf“ witzig genug. „Unferti“ ist hintergründig, voller schräger Wendungen und Windungen. Voller Sprachspiele, die das Wort-beim-Wort nehmen und auf den Kopf – oder auch auf die Beine – stellen. Aber „Unferti“ ist kein Theaterstück, sondern – äh – eine Blattfolge.

Also der Therapeut hat geraten, gemeinsam Urlaub zu machen, aber das leidige Giraffenthema zu meiden. Tabu sozusagen. Das klappt aber nicht, wenn die Verwandlung einfach passiert. Ob im Kopf oder nicht nur im Kopf macht keinen Unterschied. Sehr wohl aber, dass eine Dame mit roten Stöckelschuhen beteiligt ist.

Dramatisch verschärft wird die Situation durch das mit in den Traumurlaub genommeneHaustier, den Bücherwurm Ranizki: Jonas und Christof reden nicht miteinander. Sie kommunizieren – ausschließlich und einen ganzen Abend lang – mittels Plakaten. Papier also. Und wenn in einer ohnehin gerade angespannten Beziehungssituation auch noch das Kommunikations-Mittel zerstört wird, wird es heikel.

Die beiden Schweizer Komiker stehen - mit immer ein wenig distanzierten Minen - jeweils auf einer kleinen Leiter hinter einem Ständer, auf welchem die Plakate mit den jeweiligen Sätzen oder Piktogrammen hängen und blättern: „Ohne Rolf“, das sind Jonas Anderhub und Christof Wolfisberg auf der Bühne und  Dominique Müller als Regisseur und Dramaturg.

Mit flinken Fingern hängen Jonas und Christof Plakat um Plakat vor sich. Wenn der eine besonders empört über den anderen ist, „ruft“ er – natürlich schriftlich mittels neuem Blatt – dem hinuntersegelnden Plakat verärgert nach: „Ich fasse es nicht.“ Will der andere den einen zum Schweigen bringen (klappt eh nicht) gibt er ihm zu lesen: „Halte den Rand!“ –Was nur die Antwort provoziert: „Das tue ich ja.“ Denn präzise am Blattrand und genau in der Mitte müssen die Blätter gehalten werden, damit sie sofort in die Aufhängung passen… Lässt sich gar nicht so locker beschreiben, wie die Sache funktioniert. „Jonas ordnet gerade seine Gedanken“, ätzt Christof, als Jonas seine Gedanken ordnet.

Dass Jonas und Christof keine realen Personen sind, sondern Geschöpfe eines auf beinahe unheimliche Weise an- und zugleich ab-wesenden Autors, dringt nur langsam ins Bewusstsein. Klar wird es, als sie gegen ihre Trennung revoltieren, vom Autor gestrichene Szenen durchgehen – und ganz einfach ein Happy End für sich inszenieren. Dass damit weitere Twists und dramaturgische Hakenschläge verbunden sind, versteht sich.

So schräg die „Story“ auch ist – das Reizvollste an „Unferti“ sind die federleichten Spielereien mit Wörtern und Sprachklischees sowie der doppelbödige Umgang mit Autorschaft und Theater. „Der Autor unterhält sich mit seinen Figuren? Das ist narzistisch und gar nicht neu.“ Stimmt. Ist aber gut - und in Schriftform erst recht überraschend.

Bilder: Michael Größinger

 

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