pissy sissy

MotzART FESTIVAL / PCCC*

05/02/20 Einen Witz erzählen über fette Leute, „die Sex auf einem Wasserbett haben“, ist wirklich nicht sehr komisch. Kabarett soll weh tun, aber nicht peinlich berühren. Kabarett oder Comedy sollen durch bösartiges Über- und Auf die Spitze-Treiben den Finger in die Wunden einer Gesellschaft legen - und diese solcherart zum Aufheulen bringen. Oder?

Von Heidemarie Klabacher

„Comedy für mehr Leute als weiße Hetero-Männer.“ Das ist das Ziel des PCCC*, Wiens erstem Politisch korrektem Comedy Club. Er gastiert am Freitag (7.2.) beim MotzART Festival in der ARGEkultur. Beim PCCC* soll niemand einen Spaß schon mal verstehen oder sich nicht so haben müssen. Man wollte einen Comedy Club gründen, „in dem die Witze niemanden beleidigen oder verletzen“. Man arbeitet daher mit einer Sensitivity Readerin zusammen, die die Texte hinterfragt. Wichtig sei auch gewesen, „dass der Comedy Club queer ist“.

In der Literatur auf der Uni werden Studierendn gewarnt, dass Krieg, Gewalt, Sex oder sogar Liebe in einem Buch vorkommen können. Im Kabarett kann es passieren, dass sich jemand über jemand anderen – oder gar eine ganze Gruppe von diesen – lustig macht, diese womöglich auf's Korn nimmt oder gar unter der Gürtellinie angreift.

Und da setzt PCCC* an: Man wolle ein Comedy Club sein, „der ohne ausgelutschte Stereotype auskommt“. Man wolle Geschichten erzählen, „in denen Frauen über mehr reden als Schuhe und Männer an was Anderes denken, als Fußball und Bier“. Es soll zwar Leute geben, die gar keine Frauen kennen, die nur über Schuhe reden, und gar keine Männer im Adressbuch stehen haben, die nur an Fussball und Bier denken. Aber auch diese zu ein wenig Achtsamkeit führen, kann nur gut sein. PCCC* betonen: „Lustige Akzente und Klischees über Minderheiten lassen wir im Giftschrank der Humorbranche.“

Beim PCCC* gehe es besonders auch darum, dass es ein Ort ist, an dem „Community stattfinden“ kann: „Öffentlichen Raum einzunehmen hat für Menschen, die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören, eine spezielle Bedeutung, und wahrscheinlich ist darauf auch zurückzuführen, dass wir im Vergleich zu anderen Comedy-Formaten ein wirklich besonderes Publikum haben“, heißt es einem Interview auf der Website der ARGEkultur mit dem Planning Committee. „Die Leute, die zum PCCC* kommen, sind sehr unterstützend. Damit das auch so bleibt, unterstützt uns eine Beraterin. Wir nennen sie unsere Sensitivity Readerin, ziemlich fancy, oder?“

Denice Bourbon und Josef Jöchl haben den PCCC* 2017 gegründet, „weil ihnen in der Queer- und Kunstszene viel zu wenig gelacht wurde“. Wer sie sind? „Denice arbeitet als lesbisch/queere Performerin, Autorin, Musikerin, Moderatorin und DJ. Stand-up-Comedy ist ihre allergrößte Leidenschaft. Josef macht als Autor und Redakteur irgendwas mit Medien.“

Im Interview heißt es über den Namen: „Im Grunde haben wir den PCCC* nicht als politisch-korrekten Comedy Club gegründet. Denice hat auf Facebook nach einem Namen für einen queeren Comedy Club gefragt und jemand ist auf diese Idee gekommen. Wir fanden den Namen großartig, weil es erstens so eine Art Aneignung des Ausdrucks politisch korrekt ist, der ja historisch gesehen immer nur als zumeist rechte Kritik an der Idee von Achtsamkeit gegenüber Angehörigen von Minderheiten verwendet wurde, und natürlich auch, weil sich das Akronym als pissy sissy lesen lässt.“ Ein anderer Namensanwärter war Homor: „Aber das wäre ein anderer Club.“

Auftritt der PCCC* als „Ensemble wechselnder Comedians, das die Vielfalt der Wiener Szene repräsentiert“. In Salzburg mit dabei ist Malarina, „unsere serbo-österreichische Neuentdeckung“.

„Wir arbeiten mit einer PCCC* Kerngruppe, aber mischen jedes Mal zwei neue Leute drunter. Die finden wir an Bartresen und auf Facebook und überall dazwischen. Wir lassen uns auch gerne Leute vorschlagen. Was lustig ist oder nicht, oder gut ankommt, ist vorher extrem schwer zu sagen. Der Vibe des Abends bestimmt alles und jedes Publikum ist anders.“

MotzART Festival -  heute Mittwoch (5.2.) lädt ARGE-Leiter Sebastian Linz in den MotzART Salon zum Gespräch mit Severin Groebner über Korrekte Komik? - der PCCC* gastiert am Freitag (7.2.) um 22 Uhr - www.argekultur.at
Bild: ARGEkultur / Ari YehuditRichter
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