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Achtung, richtig schwören!

SCHAUSPIELHAUS / DIE MAUSEFALLE

31/12/21 Ein fast unblutiges Krimi-Kammerspiel im Schnee: Und natürlich verraten auch wird, wiewohl nicht wirklich eid-gebunden, nicht, wie Agatha Christies Bühnen-Dauerbrenner Die Mausefalle im Schauspielhaus Salzburg ausgeht.

Von Erhard Petzel

Fettes Schneetreiben hinter dem projektierten, den Bühnenhintergrund dominierenden Fenster, wie mancher es sich wohl in realiter wünschen würde, dem das Wetter bei uns zu englisch erscheint. Die ganze Szene ist einem heute Pensionierten aus seiner Kindheit wohl vertraut im heimeligen Stil der 1950iger, das Radio vielleicht eine Spur moderner als altertümlicher Transistor. Und das ergibt sich auch konsequent aus dem Spiel, wenn Radio und Zeitung als prominente Akteure durch ihre Informationen das Geschehen anstoßen, begründen und kommentieren. Das helle Flockengewirr auf grauem Grund, sich abendlich allmählich verdüsternd, harmoniert mit dem grün gehaltenen Raum, durch Tapetentüren kaum gegliedert, und dem roten Boden. Sparsame Möblierung.

Diese einfache Ausführung einer gerade erst eröffneten Pension (Ilona Glöckl Ausstattung, Marcel Busá Licht und Ton) wird von einem der schwierigen weiblichen Gäste auch beanstandet werden. Mrs. Boyle (Susanne Wende) vergönnt man ob ihrer unguten Art beinahe, die Ehre als einziges Mordopfer auf offener Bühne zugestanden zu bekommen. Ein weiterer Mordfall, der sich für die eingeschlossene Gesellschaft als wesentlicher Bezugspunkt herauskristallisieren wird, hat bereits stattgefunden und dominiert die Berichterstattung. Nachdem alle Gäste angekommen sein werden, ist das Haus abgeschnitten von der Außenwelt.

Agatha Christies Kammerspiel nimmt in vertrauter Manier seinen konzentrierten Lauf in der klaustrophobischen Einheit von diesem einen Raum und der gespielten Zeit, die nur den Bruch durch eine Nacht kennt. So schnell wird ein per Schi eingetroffener Kommissar zur Lösung beitragen.

Der Hintergrund für die Morde liegt in einer fatalen Familiengeschichte begründet, an der etliche Protagonisten mehr oder weniger überraschend ihren Anteil haben. Es geht um Rache für eine unerträgliche Kindheit dreier Geschwister, der eines davon zum Opfer gefallen war. Die beiden anderen leben inkognito und werden durch ihre Enttarnung auf offener Bühne Fall und Ausgang der Handlung bestimmen. Ein Kinderlied von drei Mäuslein in der Falle wird als Leitmotiv Stimmung machen, ohne wirklich Aufschlüsse auf die Verwicklung der Protagonisten zu liefern. Die Musik Thomas Richters gründet sich zum Großteil aus der Handlung, sodass selbst das Dies irae aus Verdis Requiem zum Mord an Mrs. Boyle aus dem Transistor kommt.

So stimmig wie das Ambiente verhält sich auch das Ensemble unter der klaren Regie von Dora Schneider. Schon etwas Comedian hinter dem etwas schrägen Personal, aber ohne Outrieren, sodass der feine englische Humor im Stück nicht zertrümmert wird, sondern seine gültige Ausformung erfährt. Petra Staduan verkörpert glaubhaft die leicht verunsicherte, weil frisch gebackene Pensions-Wirtin Mollie Ralston mit leichtem Hang zu attraktiven Gästen, ihr schrulliger Gatte Giles wird von Wolfgang Kandler mit dezentem Slapstick gespielt. Raphael Steiner verpasst der Rolle des ungeschliffenen und neurotischen Christopher Wren die nötige menschliche Note, Christiane Warnecke verkörpert Miss Casewell in ihrer unnahbaren Kälte, Theo Helm den zwielichtigen Mr. Paravicini in seiner verkorksten Persönlichkeit. Antony Connor wird als Major Metcalf genauso zur Erkenntnis beitragen, dass der äußere Schein vom eigentlichen Sein differiert wie Jakob Kücher, der mit Detective Sergeant Trotter auf seine nervöse Weise zur Lösung des Falls beiträgt.

Als britische Institution – seit 1952 wird Die Mausefalle fast durchgehend gespielt – hält sich auch das Schauspielhaus an – very britisch – schrullige Traditionen. So wird man als Publikum per Eid dazu verpflichtet, nach der Vorstellung die Lösung keinesfalls zu spoilern. Trotz unglücklicher Betonung Küchers beim Vorsprechen (statt das Ergebnis nicht zu verraten schworen wir lediglich, niemandem zu schwören) hält sich Ihr Rezensent an den Sinn der Aktion und empfiehlt seinen Lesern, sich unvorbereitet das Theatervergnügen zu gönnen.

Aufführungen bis bis 2. Februar 2022 – www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Schauspielhaus Salzburg / Jan Friese

 

 

 

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