... und jetzt irgendwas Cooles

PARZIVAL / DIPLOMINSZENIERUNG

14/01/11 Größte Häuser trauen sich, aus guten Gründen, oft nicht so recht über „Merlin“, Tankred Dorsts und Ursula Ehlers genial-gewaltiges Textkonvolut. Laura Steinhöfel hat für ihre Diplominszenierung am Mozarteum mit leichter Hand aus dem großen Abgesang auf die Gralssuche aller Jahrhunderte die Geschichte(n) um Parzival herausgepickt. Im „Theater in der Druckerei“ erzählt sie mit sechs Schauspielern auf leerer Bühne eine ebenso moderne wie poetisch-zeitlose Geschichte.

Von Heidemarie Klabacher

altAlle spielen alle, drei von sechs teilen sich die Hauptperson - das muss im zeitgenössischen Theater wohl so sein. Und auch Laura Steinhöfel verteilt den Part ihres Parzivals auf drei junge Männer höchst unterschiedlichen Aussehens und Charakters. Das passt freilich -  jenseits aller Moden auf dem Regiepulten - in diesem Falle ganz besonders gut: Den „reinen Toren“ Parzival (von dem im „Wüsten Land“ ohnehin nicht viel übrig ist), den Mörder Parzival (der „Rote Ritter“ Sir Ither wird viel brutaler abgeschlachtet, als etwa bei Wolfram oder Muschg) oder den verzweifelten Sinnsucher Parzival (der „Gral“ ist bei Dorst noch viel mehr Symbol, als in all seinen „Quellen“) in mehrere Personen aufzuspalten, drängt sich geradezu auf  (viel mehr als etwa bei einem Karl Mohr).

altLaura Steinhöfel geht mit dem Textangebot erfrischend locker und sicher um. Lange Passagen folgen sehr wörtlich Tankred Dorsts „Merlin“. Mit leichter Hand eingestreute philosophisch-soziologische Einsprengsel bewirken originelle Verfremdungseffekte, besonders, wenn die Erzählerin als Schulmädchen verkleidet auf Rollschuhen daherkommt. Von Parzivals Vater Gahmuret wird etwa mit einem kleinen Zitat aus Wolframs „Parzival“ auf Mittelhochdeutsch erzählt. Schade, dass es kein Programmheft gibt, in dem von der Textkompilation berichtet wird.

altHinreißend einfach die Kostüm- und Bühnenlösungen von Christina Pointner: Jeschutes Zelt (Wir erinnern uns: Parzivals erste Tat ist eine Vergewaltigung) entsteht, in dem die Darstellerin einen Schulterstand macht und ihr der weite weiße Rock - Futter nach außen - als grünes Zelt über den Kopf fällt. Ein Stück Schulterpanzer (gestrickt aus grober grauer Wolle) reicht aus, um die Rüstung Sir Gawains in aller Pracht vor Augen zu haben.

altDas als gespreizt zu denkende Gehabe am Artushof (Parzival will dort zum Ritter gemacht werden und zwar schnell) kommt in der Regie von Laura Steinhöfel als Casting-Show für Supermodels daher. Urkomisch und beklemmend zu gleich. Die strahlenden Ritter, die Parzival für Engel hält, blenden im Wortsinn: Sie tragen zwei kleine Scheinwerfer vor sich her.

Ebenso klug und geschickt gelöst ist der Einsatz von Musik: Kyrill Stoyanov bedient sparsam und pointiert vor allem Schlaginstrumente. Wenn das Ensemble zur Trommel „L’Homme Arme“ singt, ist ohne ein weiteres Wort angedeutet, dass auch die ritterlichen Kämpfe in den alten Handschriften blutige Schlachtereien gewesen sein werden. Wenn der Erzähler „Du holder Abendstern“ singt, ist das nicht nur ein reizvoller Kontrast zum tragischen Scheitern eines Helden, sondern spricht zugleich von der Bedeutung dieser Stoffe quer durch die Jahrhunderte.

Weiter Aufführungen: 14., 15., 18., 19., 20., und 21. Jänner, jeweils 20 Uhr im Theater in der Druckerei
Bilder: Christian Schneider