Das Fenster in die Welt misst 2x28 Zoll

KLEINES THEATER / FANGNETZ

24/02/2014 Facebook, Twitter, WhatsApp, MySpace – jeder kennt sie. Fast jeder ist irgendwo registriert und erfährt die neuesten Dinge über „Freunde“, die man sich per Mausklick zugelegt hat. Kaum einer realisiert noch, wie durchsichtig wir uns damit machen und wie schnell es zu Daten-Missbrauch kommen kann oder zur Verbreitung von falschen Gerüchten -  Cybermobbing genannt.

Von Alicia Tuchel

429Mit diesen Themen setzt sich die theaterachse in ihrer Produktion „Fangnetz“ auseinander, die am Donnerstag (20.2.) im Kleinen Theater Premiere feierte. Der Regisseur Mathias Schuh hat sich zum Ziel gesetzt, besonders Jugendliche auf ihren Umgang mit dem Internet anzusprechen, da sie die häufigsten Opfer des worldwideweb seien. Tatsächlich waren auch wieder einige Schulklassen bei  der Erstaufführung in Salzburg.

Mit zwei Stühlen, einem Tisch mit PC und einer Leinwand, die je nach Situation zu einem Lehrerzimmer, einem Klassenraum oder der eigenen Wohnung umfunktioniert wurden, war das Bühnenbild schlicht und doch aussagekräftig. In den vier Szenen, die auf tatsächlichen Fällen der Kinder- und Jugendanwaltschaft Oberösterreich beruhen, werden auf unterschiedliche Art und Weise Jugendliche dargestellt, die einen falschen Umgang mit dem Internet pflegen - sowohl in der Opfer- als auch in der Täterrolle.

Dabei kam dem Publikum zum Beispiel die 17-jährige Stefanie vor Augen, die von ihren Mitschülern auf dem Schulblog beschuldigt wird, einen Laptop gestohlen zu haben. Obwohl sie ihre Unschuld beteuert, glauben ihr weder Lehrer noch andere Mitschüler. Sie wird solange „gemobbt“, bis ihr keine andere Möglichkeit mehr bleibt als die Schule zu wechseln. Eine andere Szene zeigt die umfassenden Folgen für die Zukunft auf, wenn private Fotos, zum Beispiel von ausgelassenen Partys, online gestellt werden. So wird Leonie trotz einer mit Auszeichnung bestandenen Matura und eines gut gelaufenen Bewerbungsgespräches aufgrund ihrer für die Firma peinlichen Facebook-Präsenz nicht genommen.

Ein an ihr interessierter Mann zieht sich zurück, weil er sich eine Beziehung mit so einer Frau nicht leisten will. Das Ganze wird noch ins Extrem weitergesponnen, als ihr Sohn sich vor seinen Freunden schämt, weil die Mutter einst solche Bilder ins Internet stellte. (Hier befinden wir uns bereits im Jahr 2041.)

Mathias Schuh, betonte vor Beginn der Aufführung, dass solche Übertreibungen gewollt seien, um aufmerksam zu machen. Dies ist ihm durchaus gelungen.

Die Vielschichtigkeit und Multiperspektivität des Stückes gibt dem Publikum eine Menge Denkanstöße auf den Weg. Mit nur drei Schauspielern - Anna Paumgartner, Bina Blumenkorn und Christian Geroldinger, die geschickt in mehrere Rollen schlüpfen - gelingt es der theaterachse, die 2010 für das Projekt „Selber Schuld“ den österreichischen Präventionspreis erhielt, ein umfassendes Bild von den Gefahren des Internets für die jüngeren Mitglieder der Gesellschaft darzustellen.

Eine Darstellung, die die Jugendlichen wirklich anspricht, wie man in der anschließenden Diskussionsrunde nach dem Stück bemerken konnte. Diese Diskussionsrunde ist von dem Regisseur bewusst gewollt und hervorgerufen durch die letzte Szene des Stückes, welche nicht mehr „gespielt“ wird, sondern nur ein Gespräch über einen internetsüchtigen Jungen darstellt, dessen „Fenster in die Welt 2x28 Zoll“ beträgt. Die Frage am Ende der Szene, „Wo ist denn da die Perspektive?“, bildete gleichzeitig die Einstiegsfrage für den gemeinsamen Austausch. Mit einem Glas Sekt für alle wurde der Abend beendet.

Fangnetz – weitere Vorstellungen im Kleinen Theater bis 6. Mai - www.kleinestheater.at
Bild: Kleines Theater/Theaterachse