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Herr Plastiksack und seine dicke Brille

WINTERFEST / YMEDIOTEATRO

10/12/14 Der nächste Regen-Nachmittag mit den drei Enkelkindern ist gesichert: Eine alte Brille wird sich finden, und an weißen Nylonsackerln mangelt es auch nicht. Außerdem reicht eh eines. Was stellt man nun damit an?

Von Reinhard Kriechbaum

Die Dame und die beiden Herren der andalusischen Gruppe „ymedioteatro“ zeigen es vor. Mit den Mitteln des Schwarzen Theaters machen sie Puppenspiel – aber auf echte Puppen pfeifen sie. In der Produktion „La bolsa y la vida“ (Das Sackerl und das Leben) zum Beispiel reichen ihnen die eingangs erwähnten Requisiten. Auf den Löffel habe ich vergessen: Schließlich erwacht da ein kleiner Herr zum Leben, der sich nicht nur von den sechs ihn führenden Händen, sondern auch von der Rockmusik merklich animieren lässt. Da kommt der Löffel als Gitarre gerade recht…

Vor Regen ist man allerdings auch als Alt-Rocker nicht gefeit, schon gar nicht im Herbst. Also braucht’s noch einen winzigen Paraplü. Und dann kommt ein rotes Blatt daher geflogen, das den Mann mit den ur-dicken Brillengläsern auf eine Idee bringt: Wenn einen schon das pralle Leben packt, vielleicht sollte man es mit Fliegen probieren?

Zehn Minuten dauert die Petitesse, und der Aufführungsraum ist ein ganz Besonderer: Sieben Quadratmeter misst der Wohnwagen, nicht mehr als fünfzehn Leute finden Platz drin. Durch ein kleines Fensterchen werden die Karten verkauft, und dann darf man sich hineinsetzen auf eine der vier schmalen Bänke in diesem Mini-Theater mit heimeligen Blumentapeten. Ein solches Mikro-Theater braucht natürlich erst recht einen roten Vorhang.

Wir begegnen hier Schaustellerei der Imaginationskraft quasi in ihrer denkbar puristischen Form. So klein das alles ist, so groß der Mehrwert in der Vorstellungskraft. Der zweite phantasie-satte Zehnminüter hat den Titel „Manuela Tacones“ (Manuela Stöckelschuh) Welches Mikrostück gerade dran ist, wird vorher nicht verraten.

Kleine Dinge können uns entzücken, hat Moerike gedichtet. Nicht nur entzücken, wie sich zeigt. Sie sind auch für Rekorde gut: Auf 260 Aufführungen bringt man es beim Winterfest heuer. Und noch ein Rekord ist aus dem Salzburger Volksgarten zu vermelden: Um drei Euro hat man beim Winterfest noch keine Aufführung bekommen.

Ach ja, dass ich’s nicht vergesse: Ich bin seit kurzem dagegen, das Plastiksackerl abgeschafft werden.

ymedioteatro ist bis 10. Jänner da (einige spielfreie Tage dazwischen!), man spielt en suite zwischen 18 und 21 Uhr. Der Caravan steht neben dem Zelt von Cie Akoreacro, gleich rechts neben dem Eingang ins Foyerzelt. – www.winterfest.at
Bild: Winterfest / Kolarik

 

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