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Bullenschweine oder Bulldoser?

ARGE / MotzArt KABARETT FESTIVAL / PALFRADER & SCHEUBA

08/02/16 Wenn zwei kommen und „den Stier bei den Flügeln packen“ wollen, dann sind sie – nonaned – im Sturm auf Red Bull und seinen Urvater Didi Mateschitz: Mit dem geflügelten Wort vom „Flügel verleihen“ lässt sich trefflich spielen, intelligent und weniger intelligent – allerdings: kaum etwas, was dazu noch nicht gesagt worden ist.

Von Christiane Keckeis

Und so tun sich Robert Palfrader und Florian Scheuba in ihrem neuen Programm „Flügel“ mit der Originalität eher schwer.

Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Die beiden Kabarettisten sehen sich mit der Anfrage konfrontiert, ob sie auf der Geburtstagsfeier von Mateschitz auftreten wollen. Großes Palavern: Passt das zu und für uns, nein, das passt nicht, damit können wir uns in unserem Selbstverständnis als kritische Künstler nicht identifizieren... Das Hin und Her findet – vorhersehbar – mit der Aussicht auf eine entsprechend hohe Gage ein Ende. Dafür steigt man schon mal über sein Image. Und das Dilemma zwischen Werten, Selbstbild und Korrumpierbarkeit spitzt sich zu. Wenig überraschend. Bestimmt das Geld den Inhalt, können wir uns dem entziehen? Man wolle doch kritische Künstler auf der Bühne, so die Meldung aus dem Hause Mateschitz. Aha, ach so, na dann…

Also los geht’s ins Programmentwickeln. Wie zwei Rotzbuben entwerfen sie ein erstes Programm mit dem bezeichnenden Titel „Bullenschweine“: Es wird gerüpelt, der Humor ist derb, platt und aggressiv. Von Schwarzenegger über Schröcksnadel, Lauda und last noch least Grasser bekommen alle ihr Fett ab – und zwar so, dass es trieft. Der Mateschitz-Produktreigen von Mondwasser bis ServusTV wird durch den Kakao gezogen, mehr oder weniger spaßig, die Kommentare sind weitgehend naheliegend – und das Trinken von Schartner Bombe wird als Provokation eingesetzt. Wirklich jetzt?

Ach ja, und nicht zu vergessen: Kapitalismus ist eine Religion! An den muss man glauben. Wichtige Einsicht. Die Frage, ob Kunst noch unabhängig ist, wenn sie eingekauft wird, wird relativiert: „Unabhängig ist ein Wort, das auf der Kronenzeitung steht“ – und außerdem flattert neben Geschenkkörben auch die Frage herein, ob denn Palfrader und Scheuba nicht die neuen Programmdirektoren von ServusTV werden wollen. Was man da alles ändern könnte – und nebenbei eine Stange Geld verdienen… das kann man kaum ablehnen, denn: „Es geht nicht um uns, es geht um alle.“ Selbstbetrug, Illusionen, Selbstüberschätzung, Träume. Ganz menschlich.

Und so wird der zweite Programmentwurf „Die Bulldoser“ schon wesentlich milder: Die Korrumpierbarkeit durch den versteckten Materialismus, die scheinbar wertvollen Interessen fordert Rücksichtnahmen – ach herrje. Wir kommen beim Realismus an: „Sein Wille geschehe.“ So ist auch das Ende der Geschichte nicht wirklich überraschend: das Engagement für die Geburtstagsfeier war ein Fake. Aus reiner Güte der Veranstalter bleiben den Kabarettisten anderthalb Minuten als Pausenclowns vor dem Auftritt von Robin Williams. Willkommen in der Realität.

Die Handlung lässt genügend Raum für Witzchen im Dialog, manches seicht, manches auf Stammtischniveau, gelegentlich auch ambitioniert. Eingeschobene Comedy-Szenen haben in der Übertreibung einiges an Lachpotential, Palfrader ist ein Vollblutkomiker mit Feinheiten in Mimik und Sprache, ganz er in den verschiedensten Rollen, als grindiger Vertreter des schlüpfrigen alten Handwerks, als selbstüberzeugter Investmentbanker, als alerter Gottesmann, als bitterböser Nachrichtensprecher – das ist schon ziemlich genial. Dagegen tut Scheuba sich schwer, er versprüht weitgehend den Charme eines etwas hochmütigen, gelangweilten Gymnsialprofessors, schauspielerisch ist er dem Kollegen unterlegen, was den Szenen etwas Spritzigkeit nimmt. Sehr überzeugend allerdings gelingt ihm die marionettenhafte Parodie auf Werner Faymann.

Ganz gleich wie intelligent die Satire ist (oder nicht): Das Publikum amüsiert sich. Über den Kapitalismus lachen ist halt auch chic.

Bild: ARGEkultur

 

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