Meist sucht Radauer, wenn er den „Plot“ des semi-szenischen Passionssingens schreibt, nach dem Blickwinkel einzelner Personen: „Da wurde das Geschehen bisher durch die Brille von Pontius Pilatus, der Apostel Paulus und Barnabas und von Maria Magdalena betrachtet.“ Heuer ist Nikodemus eine solche Identifikationsfigur. Der „geheime Apostel“ aus den Reihen der Pharisäer, eignet sich laut Radauer ganz besonders für die Betrachtung. „Als heimlicher Jünger Jesu gerät er in schwere innere Konflikte, zwischen Hoffnung und Verzweiflung, zwischen Macht und Ohnmacht.“
Viel ist über Nikodemus in der Bibel nicht überliefert. Man liest im Johannes-Evangelium von einer nächtlichen Begegnung zwischen ihm und Jesus, von seiner Anfrage an die Pharisäer („Seit wann verurteilt unser Gesetz einen Menschen, ehe man ihn verhört hat und ihm seine Schuld nachgewiesen hat?“) und davon, dass er bei der Bestattung Jesu anwesend gewesen sei.
Charly Rabanser ist der Regisseur und spielt auch die Titelrolle. Anders als mit seinem „Tobi Reiser Adventsingen“, das jährlich in der Aula der Universität Salzburg gespielt wird, geht Josef Radauer und sein Team mit dem „Salzburger Passionssingen“ in die Regionen des Landes und darüber hinaus. „Nikodemus“ wird außer in Salzburg (Pfarrkirche Aigen) in Großarl, Mittersill und Schladming gegeben. Zwei weitere Aufführungen finden – mit lokalen Chören – in Schlanders (Südtirol) und in Bad Tölz statt. (dpk)