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Theater für eine Geigerin

BIENNALE / BLACK MIRRORS

04/03/13 Verzauberung von Geige, Sound und Licht – so könnte man „Black Mirrors – Hommage a Paradis“, am Sonntag (3.3.) im Rahmen der Biennale im den Kavernen zu erleben, in kurzen Worten beschreiben.

Von Gottfried Franz Kasparek

„Eine interaktive Konzert-Installation für Solovioline, Videos und Live-Elektronik“ so nennt sich etwas umständlich der somit uraufgeführte, erste Teil einer „Black Mirrors“- Trilogie von Gerhard E. Winkler. Einmal in einer Biennale darf ja sogar ein Salzburger Komponist im Mittelpunkt eines Projekts stehen. Und mit Claudia Rohrmoser eine Salzburger Videokünstlerin. Beide halten der internationalen Konkurrenz stand. Es soll ja vorkommen, dass kreative Leute, die in Salzburg leben, auch außerhalb der Landesgrenzen erfolgreich sind – auf Winkler & Rohrmoser trifft dies zu und natürlich auch auf die kongeniale Interpretin und Mitgestalterin Annelie Gahl.

Die schwarzen Spiegel stehen in der Mitte des Podiums, auf beiden Seiten sitzt das Publikum. Es geht um Maria Theresia von Paradis, die blinde Wiener Pianistin und Komponistin der Mozart-Zeit, die vom Wunderheiler Franz Anton Mesmer behandelt und vielleicht sogar vorübergehend sehend gemacht wurde. Wer mehr darüber wissen will, lese Alissa Walsers berührendes Buch „Am Anfang war die Nacht Musik“. Winkler, phantasievoller Live-Elektroniker, der er ist, hat Partikel der Originalmusik der Paradis in seine Komposition aus atmosphärisch sicher eingesetztem Elektroniksound und einer hoch virtuosen, mitunter das Melodische ein wenig sehnsuchtsvoll zitierenden, sich mehrmals rhythmisch entladenden Violinstimme einfließen lassen – oft zerklüftet, „aufschreiartig“, kaum identifizierbar, auch wenn man es weiß. Ebenso kommen in der hochkomplexen, trotz aller Anverwandlungen höchst originell wirkenden Partitur dem Biennale-Motto gemäße „palimpsestische“ Überschreibungen von Material der Herren Gesualdo, Biber, Tartini und Beethoven vor.

Claudia Rohrmoser hat dazu suggestive Bilder gefunden – Farben, Striche, blitzende Gewitter aus Licht und Dunkel, immer wieder mit der Geigerin im Profil, einander überlagernde Figurinen. Dies ist alles brillant dem Klang angepasst, nimmt die innere Unruhe auf, quasi die Realität spiegelnd, steigert sich zu wundersamen Sequenzen, in denen Ton, Projektion und das Bild der intensiv spielenden, trotz Verkabelung mit ihrer Geige tanzenden Solistin zur Einheit werden.

Der Kunstgriff, die Pianistin Paradis durch eine Violinistin zu neuem Leben zu erwecken, funktioniert faszinierend. Annelie Gahl hat damit eine grandiose Rolle gefunden, die sie noch öfters verkörpern sollte. Zumal im letzten Drittel die Notenständer dezent vom Podium verschwinden und die Geigerin eine zwischen Furor und Innigkeit herrlich ausbalancierte Improvisation beginnt, zeitweilig auch mitsingend, mitzischend, von Peter Böhm und Rohrmoser atmosphärisch und sehr zurückhaltend elektronisch und visuell begleitet. So wird die Konzertstunde zu einem Bühnenereignis, wird aus einer Aktion mitreißendes, an die Substanz des Menschlichen rührendes Theater.

Bilder: Salzburg Biennale / Wolfgang Kirchner

 

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