Swingen unterm Kürbis-Baum

SALZBURG BIENNALE / ERÖFFNUNG

09/03/15 Marimba Eroica. Cloud Chamber Bowls. Gourd Tree - Kürbis-Baum: Der kalifornische Komponist und Instrumentenbauer Harry Partch (1901-1974) hat sein eigenes Tonsystem mit 43 Tonstufen innerhalb der Oktave und dazu seine eigenen Instrumente entwickelt. Die Salzburg Biennale widmete dem musikologischen Querdenker ihr Eröffnungskonzert.

Von Heidemarie Klabacher

Die Bühne im Republic ist voller phantastischer Skulpturen. Skulpturen? Instrumente? Klangkörper? Noch bevor die ersten Glasglocken angeschlagen wurden, noch bevor der überdimensionale Blasebalg die Luftsäulen in den drei Orgelpfeifen zum Schwingen gebracht hatte, war das Konzert des Ensembles Musikfabrik ein Erlebnis. Ein Schau-Erlebnis.

Ein kompletter - und geburtenstarker - Jahrgang Waldorf-Absolventen ist geschlossen bei verschiedensten Instrumentenbauern in die Lehre gegangen – und präsentiert jetzt seine Meisterstücke: So der erste Eindruck beim Eröffnungskonzert zur Salzburg Biennale am Freitag (6.3.) im Republic. Das Kölner Ensemble Musikfabrik hat einen kompletten Satz der Instrumente des amerikanischen Komponisten, Musiktheoretikers und Instrumentenbauers Harry Partch nachbauen lassen: exotische Verwandte von Hackbrett, Kithara oder Koto, von Harmonium, Orgel und Schlaginstrumenten.

Malerisch wie der Klang-Skulpturenpark, ist der Titel des Stücks von Harry Partch, das in 23 Duos und Trios jedes Instrument zur Wirkung bringt: And on the Seventh Day Petals Fell in Petaluma.

Die technische Perfektion der Mitglieder des Ensembles Musikfabrik und der mitreißende Drive, den sie den Miniaturen verleihen, vertreiben jeden Gedanken ans Museale der Performance. Glissandi von Metall auf Metallsaiten zaubern Hawaii-Stimmung und lassen Bilder von Blumenkindern am Strand entstehen.

Zeitlich kommt’s hin: And on the Seventh Day, in Salzburg zur Österreichischen Erstaufführung gebracht, ist Mitte der Sechzigerjahre entstanden.

Das Mikrotonale ist man inzwischen gewohnt. Mit Vergnügen lässt man sich von den vielschichtigen Rhythmen wiegen, wie die Blütenblätter in Petaluma, einem realen Ort „35 Meilen nördlich der Golden Gate Bridge“.

Wie mit dem Stück Delusion of the Fury von Harry Partch, das 2013 seine europäische Erstaufführung bei der Ruhrtriennale erfahren hat, ist das Ensemble Musikfabrik auch mit And on the Seventh Day on Tour. Mit im Gepäck künftighin: zwei neue Werke für das Partch-Instrumentarium.

Der dänische Komponist und Performer Simon Steen-Andersen hat im Auftrag der Salzburg Biennale ein Stück für Partch-Instrumente geschrieben. Vor allem lässt er in Corpus für 7-8 Spieler auf 3 Harry Partch-Instrumenten Bällchen und Becher auf der machtvoll schwingenden Marimba Eroica tanzen.

Caspar Johannes Walter komponierte im Auftrag des Ensembles Musikfabrik und der Kunststiftung NRW seinen Enharmonic Flux. Er spielt weniger mit den rhythmischen als mit den klanglichen Möglichkeiten des Instrumentariums und vermittelt einen Eindruck davon, wie viele Töne Harry Partch tatsächlich in einem Halbtonschritt untergebracht hat: reizvolles Material zum „Nachsitzen“ Europas in Sachen Harry Partch.

Die Salzburg Biennale bis 22. März - www.salzburgbiennale.at
Bilder: SB/Wolfgang Kirchner