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Und dann ist der Fuschlsee leer..

ARCHITEKTURHAUS / PANDEMIC WASTE

21/01/22 Wenn Sie sich die Ausstellung Pandemic Waste der Initiative Architektur ansehen, dann lenken Sie Ihre Schritte doch unbedingt auch auf die Toilette im Architekturhaus Salzburg. Da gibt es nämlich eine hübsche Installation in Sachen Pandemie und Händewaschen.

Von Reinhard Kriechbaum

Mit dem Händewaschen ist es nämlich so: Würden wir Österreicher es damit tatsächlich so halten, wie es die Hygieniker uns raten, also dreißig Sekunden lang, dann wäre dies jedes Mal ein Wasser-Verbrauch von ungefähr zweieinhalb Litern. Auf die Bevölkerung unseres Landes umgelegt hieße das: In einem Jahr wäre der Fuschlsee komplett leer. Hygieniker sagen uns auch, dass man möglichst oft die Fenster ganz weit aufmachen soll. Klingt logisch, ist es auch – aber es kostet. „Würde im Architekturhaus so gelüftet, wie es virologisch angeraten wäre, würden wir jeden Tag 16,8 Liter Heizöl mehr brauchen beim Heizen“, erklärt Roman Höllbacher, der uns durch die Ausstellung führt. Pandemic Waste macht eine Begleiterscheinung der COVID-19-Pandemie anschaulich: Der Müllberg wächst und wächst und wächst.

Statistiker kommen in dieser Schau voll auf ihre Rechnung. Wenn in Österreich pro Tag drei Millionen FFP2-Masken verbraucht werden, dann summiert sich auch das scheinbar Federleichte. Neun Tonnen Masken-Müll fallen in einem Jahr an! 450 Jahre dauert es, bis das Material, das uns jetzt schützt, abgebaut ist. Aus der Vergangenheit her gedacht: Hätten die Arbeiter, die Palladios Villa Rotonda erbauten, solche Masken getragen, dann würden jetzt erst die letzten Überreste davon verschwinden.

Zahlenspielereien liegen auf der Hand. Ein Antigen- oder PCR-Testkit entspricht bloß dem Gewicht von drei 20-Cent-Münzen. Auch das leppert sich zusammen. Im Bundesland Salzburg fallen allein durch diese Tests 426 Tonnen Müll zusätzlich an. Wenn Kaffee- und Gasthäuser nur über die Gasse servieren, dann heißt das auch: Verpackung en masse. Die Kaffee-Pappbecher, die in Österreich gefüllt werden, entsprechen pro Tag dem Gewicht zweier Elefanten. Erwachsene Elefanten wohlgemerkt, nicht kleine Rüssel-Abstandshalter. Theo Deutinger ist der Gestalter dieser anschaulichen Ausstellung. Er hat sie mit Studierenden der Uni Kassel erarbeitet. Ein ähnliches Projekt, in Buchform veröffentlicht, galt dem Thema Pandemic Space, also dem Raumbedarf in Zeiten wie diesen.  Warum gerade diese Pandemie-Müll-Schau im Architekturhaus? Man könnte ja argwöhnen: Architekten, die sich derzeit ans Planen von Lagerhallen für Plastikmüll machen, sind auf der sicheren Seite.

Ganz gewiss auf die neue Situation reagieren müssen Innenraum-Architekten und Produkt-Designer. Im Bad braucht's plötzlich neben Seifentasse und Zahnputzbecher-Halter einen solchen fürs Desinfektionsmittel. Berührungslose Armaturen, automatische Türen sind auch mehr gefragt als vor Beginn der Pandemie. Mal schauen, wie die Langzeitfolgen für den Büro-Betrieb aussehen. Übrigens: Auf den Schautafeln ist auch viel Historisches zusammen getragen. So hat beispielsweise Otto Wagner für seine Spitalskirche am Steinhof in Wien träufelnde Weihwasser-Spender vorgesehen. Derzeit sind in unseren Kirchen die Weihwasserbecken leer.

Pandemic Waste, Ausstellung im Architekturhaus bis 28. Jänner – initiativearchitektur.at
Bilder: dpk-krie (1); dpk-klaba (1); Initiative Architektur/Nina Vasilchenko (1)

 

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