Die Box, die Schlange, die Imagination
KUNSTVEREIN / ROMAN ONDÁK
22/09/10 Die Vitrine gehört dazu: Roman Ondák hat in seiner Heimat der Slowakei alte Gestelle und rostiges Gestänge gesammelt und liebevoll als Schaukästen hergerichtet. Auch die Plexiglasdeckel sind handgemacht. Darunter liegen Kunstzeitschriften, Monographien oder Ausstellungskataloge: Aufgeschlagen sind sie alle bei einer Menschenschlange.
Von Heidemarie Klabacher
„Before Waiting Becomes Part of Your Life“ heißt die Installation im Kunstverein. Es ist quasi eine Rückschau mit Variation: 2003 hat Roman Ondák im Kölnischen Kunstverein einer Warteschlange inszeniert, die sich täglich vor dem Gebäude hätte bilden sollen. Die Aktion sei damals „ziemlich unsichtbar“ geblieben, sagte H
emma Schmutz, die Leiterin des Salzburger Kunstvereins heute Mittwoch (22.9.) bei der Pressepräsentation.
Das Projekt sei dann 2004 auf der „Freeze Art Fair“ im Regent's Park in London wiederholt und plötzlich „ziemlich sichtbar“ geworden: Die Tate Gallery habe die Installation angekauft, „obwohl sie komplett immateriell ist“.
Weil die Tate das alleinige Recht auf „Re-Inszenierung“ hat, gibt es keine Schlange vor dem Salzburger Kunstverein, sondern eben nur Bilder von Warteschlangen.
„Good Feelings in Good Times“ hieß die Originalperformance, die längst in zahlreichen Kunstzeitschriften, Broschüren oder Katalogen dokumentiert ist. Diese Artikel also liegen in den aus Fundstücken zusammengebauten Vitrinen, kombiniert mit an die Wände projizierten Videos. Die Frau eines Künstlers bringt darauf ihren zwei Kindern bei, wie man „in der Schlange steht“.
Es seien „soziale Rituale und alltägliche, kaum Aufmerksamkeit erregende Situationen“, die Roman Ondák zum Thema seiner Arbeiten macht. „Oftmals bezieht er sein Publikum oder eigens engagierte Personen in seine Konzepte mit ein und macht sie so zu Co-Produzenten seiner Aktionen.“
Roman Ondák, geboren 1966 in Zilina, lebt und arbeitet in Bratislava. Er zählt zu den renommiertesten Künstlern der Gegenwart. Neben zahlreichen internationalen Ausstellungen, wie z.B. im Jahr 2008 in San Francisco oder 2006 in der Tate Modern, London, vertrat er 2009 die Slowakei und Tschechien auf der 53. Biennale di Venezia.