Die Amazone und der Untersberg

GALERIE 5020 / NATHALIE KOGER

10/04/12 Die Amazone ist dem Sockel abhanden gekommen, und so etwas hebt die Bedeutung des Sockels nicht unbedingt. Andrerseits: Was macht so eine Amazone aus, wenn sie bloß mit dem Tintenstrahl-Drucker aufs Papier geblasen ist – und das nicht mal allein?

Von Reinhard Kriechbaum

„Buch ohne Regie“ betitelt Nathalie Koger, Absolventin der Akademie der Bildenden Künste Wien, die kleine Schau mit Fotomontagen und Videos in der Galerie 5020. Was richten Frauen – noch, wieder – aus in der Bildenden Kunst, die im optimalen Fall womöglich das Leben aufgreifen, im besten Fall vielleicht spiegeln und (aber das wäre schon der super-optimale Anspruch) es verändern, verbessern soll?

Bleiben wir ruhig einmal bei der Herausforderung: Kann gut sein, sehr wahrscheinlich sogar, dass Männer in Wien das Museum für Gustinus Ambrosi (1893-1975) eingerichtet haben. Der galt vor ein paar Jahrzehnten noch, weltanschaulich un-hinterfragt, als Instanz in der klassisch-modernen österreichischen Bildhauerkunst. Das wenig besuchte Museum beim Wiener Augarten ist letzter Überrest zurecht geschwundenen Ansehens. Da stehen also die Skulpturen und Porträtbüsten, die auch den Nationalsozialisten verdächtig gut gefallen haben. Nathalie Koger lässt eine Frau mit Hula Hoop-Reifen munter an den Stelen vorbeitanzen und in Dialog treten mit den Regungslosen. Der Freiraum zum Interpretieren ist groß, aber so viel ist sicher: Die Bronze bleibt tot, und sie wirkt neben der beweglichen Tänzerin doppelt tot. „Was ausgestellt wird“ heißt der auch technisch (16 mm!) im Retro-Look gehaltene Film aus dem Vorjahr.

Mit Versatzstücken aus dem Kunstleben spielt Nathalie Koger gerne. „Der Mönch am Meer“ ist Superman, und er schaut übers Dächermeer einer Stadt. Ganz eine andere Konfrontation mit Mythen-Denken, das auch wieder starke Männer eingeführt haben: Das Video „Roadmovie“ entstand, indem Nathalie Koger den Untersberg einmal mit dem Auto umfahren und mit der Handkamera Richtung Berg gefilmt hat. Ein heroisches Gebirge, ja eh. Aber auf der Tonspur taucht eine starke Frauenstimme auf, jene der Halleiner Widerstandskämpferin Agnes Primocic…

Bis 14. April in der Galerie 5020 – www.galerie5020.at
Bilder: Galerie 5020