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Spundloch im Bauch. Bastei auf dem Berg

DOMQUARTIER / DOMMUSEUM / MAX GANDOLPH

07/12/18 Haut abziehen, in Safran färben und auf der Bühne aufspannen – auf einer Schulbühne heute ginge das nicht durch. Im Barock schon. Max Gandolph war ein Fan des Benediktiner Schultheaters in Salzburg. Und überhaupt war für den Menschen des Barock das Leben ein Spiel: Es galt, mit möglichst prachtvoller Inszenierung den lieben Gott zu beeindrucken. Die Kuenburg-Bastei der Festung legt davon mächtiges Zeugnis ab.

Von Heidemarie Klabacher

Aber auch sonst war Fürsterzbischof Maximilian Gandolph Graf von Kuenburg keiner, der in Sack und Asche ging oder mit dem Blechlöffel speiste. Allein die mit seinem Namen verbundenen sakralen Gefäße – Kelche und Monstranzen überschüttet geradezu mit Edelsteinen, Perlen und feinsten Email-Miniaturen – zeugen davon, dass der Fürst sich auch seinem Gott nur mit kostbarster Ausstattung näherte.

Echt ein Wunder, dass dieser Typ einen Maurerhammer überhaupt angegriffen hat. Freilich sind Maurerhammer und Maurerkelle, die Max Gandolph zur Grundsteinlegung von Maria Plain verwendete, mit Samt überzogen. Auch wenn dieser rote Samt ein paar hundert Jahre post festum schon ein wenig verschlissen ist: Sie sind wohl die schrulligsten Artefakte in der Sonderausstellung Fürsterzbischof Maximilian Gandolph Graf von Kuenburg. Regisseur auf vielen Bühnen 1668 – 1687 im Dommuseum im Nordoratorium von Dom und DomQuartier.

Das Messgewand Max Gandolphs aus 1674 übertrifft an Pracht und Glanz so ziemlich alles, was man an Kasel- und Stola-Kollektionen in den geistlichen Schatzkammern landauflandab so zu sehen bekommt. Die Sonnenblumen scheinen geradezu zu bersten, so gefüllt mit purem Licht scheinen sei zu sein. Wieviel das Prachtstück wohl wiegt? Und dann noch die Stola. Konnte ein so gewandeter Mess-Diener Gottes überhaupt aufrecht stehen? Und die Manipel, dieser seltsame Handgelenksschmuck vor-vatikanischer Tage? War in dieser goldschweren Prachtvariante wohl auch gut für die Kräftigung von Maxens Unterarm-Muskulatur. Vielleicht brauchte er kräftige Arme für die Jagd? Immerhin ist Max Gandolph – „Falls er es wirklich ist“, so Christoph Brandhuber – als einziger Fürsterzbischof auch einmal als Jäger porträtiert. Seine Vorliebe für Steinböcke und Steinbockhorn ist bekannt – und Kostbarkeiten aus Steinbockhorn  sind im Südoratorium in der Kunst und Wunderkammer zu Hauff.

So ein reicher mächtiger und hoher Herr war, nicht nur von Goldgewirk gebeugt, sondern auch als Mensch letztlich doch nur ein armer Hund: Max Gandolph litt an Wassersucht. Dieser begegnete der aus Wien herbeizitierte Hofmedicus der Kaiser mit einem – laienhaft gesagt – Spundloch im Bauch des hohen Herrn... Erstaunlicherweise ist Max Gandolph weder an dieser Behandlung noch an der Wassersucht verstorben, sondern gnädigerweise rasch und schmerzlos an einem Gehirnschlag.

Dies belegten eindeutig, so Christoph Brandhuber, der zusammen mit Ingonda Hannesschlager die Ausstellung konzipiert hat, insgesamt vier erhaltene Obduktionsprotokolle, die einander zwar widersprechen, aber von der Salzburger Gerichtsmedizinerin Edith Tutsch-Bauer für die Ausstellung analysiert worden sind. Die Schau ist eine Kooperation von Dommuseum und DomQuartier mit der Universität und zahlreichen ihrer Fachbereiche von der Theologie über Geschichts- und Musikwissenschaft bis zu – absurderweise – Gender-Studies. Aber Fürsterzbischof dürfen Frauen ja noch heute nicht werden, also wird es schon sinnvoll sein.

Die schräg anmutende Behandlung der Wassersucht ist in einem der Bücher aus der reichen Bibliothek des Fürsterzbischofs genau beschrieben. In einem anderen, der ausgestellten Bücher, ist zu lernen, wie man einen Apfel oder eine Birne zerteilt, so dass diese scheinbar intakt bleibt, einer damit bei Tisch herumspielenden Jungfer aber unter den Fingern zerfällt.

Max Gandolph war ein Förderer der Wissenschaften und Künste, da reichen als Stichwort die Namen Heinrich Ignaz Franz Biber (Originalblatt der der Missa Salisburgensis) und Georg Muffat (Stichwort Armonico Tributo). Da außerhalb der Pressepräsentation kaum jemand in den Genuss von Christoph Brandhubers faszinierender Darstellung kommen wirdt, muss das Begleitbuch beworben werden, das all diese farbigen, schrulligen oder auch grausamen Details samt reicher Bebilderung, enthält.

Tatsächlich betreibt die Schau keine Geschichts-Klitterung. Dass Max Gandolphs Name mit den unseligen Hexenprozessen – und der Hinrichtung von Bettlerkindern – verbunden bleibt, wird nicht unterschlagen. Dass der Chef Urteile abmilderte, wo immer möglich, ist aber ebenso erwiesen, wie die Tatsache, dass er seinen Schergen grundsätzlich freie Hand ließ. Erst als auch in Salzburg lebende Menschen der Hexerei verdächtigt wurden (sonst waren es streunende Bettler, auf die es losging) griff der Fürsterbischof ein. Das grausame Treiben ging zu Ende... Erstmals jedenfalls werden alle 126 zum Tode verurteilten, da mit dem Namen des Zauberers Jackel in Verbindung gebrachten, Jusitzopfer mit Namen, Alter und Hinrichtungsdatum aufgelistet – um ihnen posthum wenigstens einmal die Genugtuung einer namentlichen Erwähnung zu gewähren.

Rein optisch ist im Dommuseum ist jetzt keine sensationelle barocke „Inszenierung“ zu erleben. Es bleiben Vitrinen mit einigen immerhin einzigartigen Kostbarkeiten, Stellwände mit viel Information, immerhin rot grundiert wie das Wappen des Fürsten, und viel Lesestoff. Ein erhellender Blick auf einen der zentralen Protagonisten der Salzburger Geschichte wird allemal eröffnet.

Fürsterzbischof Maximilian Gandolph Graf von Kuenburg. Regisseur auf vielen Bühnen 1668 – 1687 im Dommuseum im Nordoratorium des DomQuartiers zu sehen bis 27. Mai 2019 - www.domquartier.at
Bilder: dpk-klaba / Dommuseum

 

 

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