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Hysterie und Ernüchterung

MUSEUM DER MODERNE / FLY ME TO THE MOON

24/07/19 Das Museum der Modere beschäftigt sich in einer neuen Ausstellung – Fly Me to the Moon – mit dem Mond und den Versuchen, den Erdtrabanten zu erobern. Ein mehr als ergiebiges Thema auch für die bildende Kunst: Die Bronzeskulptur Moonmad (mondsüchtig) hat Max Ernst 1944 geschaffen, dieFormes circulaires. Soleil, lune stammen von Robert Delaunay.

Von Werner Thuswaldner

Als die indische Mondmission „Chandarayaan2“ (das Wort heißt auf Hindi Mondfahrzeug) dieser Tage wegen technischer Probleme erst nach einer Verzögerung in die Gänge kam, hat das die Weltöffentlichkeit gelassen zur Kenntnis genommen. Kein Vergleich mit der Hysterie, mit der vor fünfzig und mehr Jahren, die Aktivitäten im All der beiden rivalisierenden Weltmächte, der USA und der Sowjetunion, registriert wurden. Selbst halbwegs seriöse Kommentatoren des Weltgeschehens gerieten damals außer Rand und Band. Die kühnsten Träume der Menschheit, in denen Raumschiffe durch den Orbit flitzen und Kontakt mit anderen Bewohnern, die im Weltall unterwegs sind, aufnehmen, schienen unmittelbar vor der Verwirklichung zu stehen.

Lang zuvor schon hatte der Mond die Phantasie der Menschen beflügelt, im Repertoire der Dichter, vor allem der Romantiker, spielte er eine große Rolle. Einer, der die Zukunft verblüffend realistisch vorausgesagt hatte, war Jules Verne. In seinem Science-Fiction- Roman Von der Erde zum Mond nahm er im 19. Jahrhundert vieles literarisch vorweg, was Wissenschaft, Forschung und Technik erst lang danach umsetzen konnten.

Die Mondlandung vor fünfzig Jahren ließ also kaum jemanden kalt. Die Phantasie von Millionen Menschen, die via Fernsehen Zeugen des Geschehens geworden waren, schoss ins Kraut. Kunst, Musik, Literatur, sie alle glaubten, ihren Beitrag leisten zu müssen. Technik-Gläubigkeit trieb – bis zu niederschmetternden Rückschlägen in der Raumfahrt – ihre Blüten. Vielfach wurde übersehen, dass wir Zeuge eines irrsinnigen Wettlaufs um Prestige zwischen der Sowjetunion und den USA geworden waren. Der Nutzen der spektakulären, gigantischen Kosten verursachenden Unternehmungen blieb überschaubar. Die Erwartung, dass sich die Entwicklung nach der Mondlandung in rasendem Tempo fortsetzen würde, erfüllte sich nicht. Die lebensfeindliche Mondoberfläche, die fehlende Atmosphäre, waren keine Voraussetzungen um weiter davon zu schwärmen, dass demnächst zumindest Teile der Weltbevölkerung übersiedeln würden.

Jetzt, zum 50. Jahrestag der Ereignisse, kochen die Emotionen von damals noch einmal hoch. Die Ausstellung im Museum der Moderne, gespeist hauptsächlich durch Leihgaben aus dem Kunsthaus Zürich aber auch vielen anderen Sammlungen, bietet mit rund 280 Exponaten dafür eine Fülle von Erinnerungshilfen. Es wird sichtbar, wie intensiv der Mond die Menschheit die Jahrhunderte hindurch beschäftigt hat. Direktor Sadowsky weist darauf hin, dass der Blick vom Weltall aus auf die Erde zu einer Bewußtseinsänderung geführt habe, weil seitdem die Verletzlichkeit des blauen Planeten augenscheinlich geworden sei.

Im ersten Teil der Schau wird die künstlerische Beschäftigung mit dem Mond seit Galileo Galilei dokumentiert. Malerei, Kupferstich, Fotografie und Videokunst sind die Mittel der Darstellung. Die Erfindung des Teleskops hatte die Bildvorstellungen entscheidend verändert. Im zweiten Teil wird gezeigt, wie die Weltmächte, begleitet von effektvollen Propagandaaktivitäten, die „Eroberung“ des Monds in Angriff nahmen. Ein dritter Teil widmet sich der Frage, was aus dem Taumel um die „Monderoberung“ geworden ist. Nüchternheit und Ironie sind der emotionalen Aufwallung von einst gewichen. Inzwischen sind ja auch schon die wunderbaren Trickfiguren Wallace and Gromit auf dem Mond gelandet.

Fly Me to the Moon, bis 3. November im Museum der Moderne, Mönchsberg – www.museumdermoderne.at
Bilder: MdM / Fondation Beyeler (1); Kunsthaus Zürich (1); Bildarchiv Bröhan-Museum, Berlin (1); Courtesy Vladimir Dobrovolski (1)

 

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