Blätter rauschen nicht nur im Wald

MdM MÖNCHSBERG / IM BLÄTTERRAUSCH

09/11/10 Was das MdM Mönchsberg in seinen Archiven nicht alles hat: Die Ausstellung „Im Blätterrausch. Zeichnungen, Aquarelle, Collagen bis 1945“ zeigt 175 von 1300 Originalgrafiken. Ein umfassender Katalog dokumentiert den unschätzbaren Bestand.

Von Heidemarie Klabacher

Die Grafik hat im MdM Salzburg einen besonderen Stellenwert. Immerhin wurde das Museum im Jahr 1983 als „Moderne Galerie und Graphische Sammlung Rupertinum“ eröffnet. „Die Erfassung und wissenschaftliche Dokumentation seines Bestandes gehören zu den Kernaufgaben eines Museums“, so die Kuratorinnen Barbara Herzog und Susanne Rolinek.

Das MdM Salzburg besitzt Grafiken von Egon Schiele, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Rudolf Alt, Franz Alt, Paul Klee, Andre Derain, Berthe Morisot, Herbert Boeckl, Lovis Corinth, Otto Dix, Lyonel Feininger, George Grosz, Erich Heckel, Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Ernst Ludwig Kirchner, Alfred Kubin, Kurt Schwitters, Wilhelm Thöny, Max Weiler und vielen anderen Künstlern.

Die systematische Aufarbeitung des bisher nicht erschlossenen Bestandes der vor 1945 entstandenen Originalgrafiken (ohne Druckgrafik), also der Zeichnungen, Aquarelle und Collagen, war Ziel eines dreijährigen Projekts im MdM. Finanziert wurde die Arbeit von der Art Mentor Foundation Lucerne, dem Land Salzburg und dem Verein der Freunde und Förderer des MdM. „1.300 Werke von 293 Künstlern wurden systematisch aufgestellt, wissenschaftlich dokumentiert, digitalisiert und konservatorisch gesichert.“ Zudem sei die Inventarisierung überprüft und die Provenienzen recherchiert worden.

altDabei ist auch die „bedenkliche Herkunft“ des Pastells „Jeanne Pontillon à la capeline“ von Berthe Morisot entdeckt worden. Die Salzburger Landesregierung hat inzwischen die Restitution des Werkes an die Erben beschlossen. Das Pastell stammt aus der Sammlung des französischen Kunstliebhabers und Sammlers David-Weill und ist während der NS-Besatzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht 1940 vom so genannten „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ beschlagnahmt und enteignet worden. Auch dieses Werk ist ausgestellt.

Die Grafik folge ihren eigenen Gesetzen, so die Kuratorinnen. Sie gehe nicht nur von einer vorhandenen Wirklichkeit aus, sondern sie erfinde spontan ihre eigenen Welten: „Sie verhält sich dabei wie ein Chamäleon: Das eine Mal zeigt sie sich durch extreme Reduzierung und Selbstbeschränkung von ihrer abstraktesten Seite, das andere Mal quillt sie nur so über vor narrativen Details und farblichen Differenzierungen.“

Die Zeichnung fordere den Betrachter auf, genauer hinzusehen und dem Konturenverlauf der Linie mit den Augen zu folgen. „In der Strichführung, der unterschiedlichen Breite und Tönung der Linie sowie dem An- und Abschwellen des Strichvolumens entdeckt der Betrachter die unverwechselbare Handschrift des Künstlers.“

Der Bestandskatalogs „Im Blätterrausch. Zeichnungen, Aquarelle, Collagen bis 1945“ (erhältlich um 35 Euro im Museumsshop) umfasst die Ergebnisse des Forschungsprojekts. Eine CD-Rom mit detaillierten Informationen und Hinweisen zu den einzelnen  Werken einschließlich deren Provenienzen liegt bei. Der Bestand wird auch online abzurufen sein, über einen Link auf der Homepage des MdM.

„Im Blätterrausch. Zeichnungen, Aquarelle, Collagen bis 1945": bis 20. März 2011 - www.museumdermoderne.at.
 Bilder: MdM