Mit dem Christkind Ringelspiel fahren

SPIELZEUGMUSEUM / WEIHNACHTSAUSSTELLUNG

23/12/11 Man bekommt schon einen gewissen Respekt vor Nussknackern, auch wenn der Dresdner Sammler Klaus Tempel nur mit einem Bruchteil seiner insgesamt 650 Figuren angereist ist Aus seiner Kollektion von Holz-Kunsthandwerk aus dem Erzgebirge speist sich heuer die Weihnachtsausstellung im Spielzeugmuseum.

Von Reinhard Kriechbaum

altDutzende Nussknacker also: Meist sind es höher gestellte Personen, Polizisten, Soldaten, Könige gar. Es war für die Leute schon ein kleines boshaftes Vergnügen, denen mal was Hartes zum Beißen zu geben. Klaus Tempel weiß allerhand aufschlussreiche Dinge zu erzählen, nicht nur über die Nussknacker. Mindestens ebenso populäre Erzgebirge-Figuren sind die „Lichterengerl“ und „Lichterbergmänner“. Wenn sie einen Schwibbogen tragen, dann steht dieser fürs „Mundloch“, ein Symbol für die Stollen-Einfahrt.

Damit sind wir beim eigentlichen Thema: Das Erz (es ging in der Region vor allem um den Zinn-Abbau) ist allmählich knapp geworden. Also begannen sich die Knappen und ihre Familien nach anderen Erwerbsmöglichkeiten umzuschauen. Holz gab es ausreichend, die Figuren-Drechslerei schien ein Ausweg. So wurde aus dem Erzgebirge allmählich ein Holzspielzeugland. Vor allem die Gegend um den Ort Seiffen, 70 km südlich von Dresden, wurde berühmt für diese Hausindustrie, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzte.

altBesonders eigentümliche, unverwechselbare Kunsthandwerksobjekte sind die „Weihnachtspyramiden“. Man könnte auch Christkindl-Ringelspiel dazu sagen, denn auf mehreren Ebenen sind wie in einem Karussell weihnachtliche Szenen angeordnet. Die warme Luft von Kerzen setzt ein hölzernes Flügelrad in Bewegung, deshalb dreht sich das ganze Ding. Übrigens: Dieses Flügelrad, verbunden mit Glöckchen, haben die Bergknappen auch von ihren Arbeitsstätte her gekannt. Solche Räder in groß hat man an den Schachteingängen aufgestellt, und solange sie sich drehten und vor sich hin bimmelten, gab es genug Luftzug im Stollen, es drohte keine Erstickungsgefahr. Das Patent mit dem Luftzug war auch für Weihnachtspyramiden und allerlei Holzspielzeug tauglich.

altNicht weihnachtlich, aber immerhin biblisch: Die Arche Noah samt vierbeinigen Passagieren wurde von den Holzspielzeug-Herstellern gerne gebastelt. Für die Serienproduktion der Tiere fanden sie eine tolle Methode: Aus Fichtenstämmen wurden Profil-Ringe in Tierform gedrechselt. Von diesen Ringen hat man Scheibchen abgeschnitten. Diese Rohlinge hat man in kochendes Wasser geworfen und weiter manuell beschnitzt. Dass also Drechsel-Technik dahintersteckt, würde man als Laie gar nicht vermuten.

Bunt bemalt sind all die Figurengruppen. Sie gehören ja zum festen Inventar von weihnachtlichen Verkaufsständen, bis heute sind sie die kunsthandwerkliche Exportware schlechthin aus diesem Teil von Sachsen.

„Weihnachtliches aus dem Erzgebirge“. Sonderausstellung im Spielzeugmuseum bis 29. Jänner 2012. – www.spielzeugmuseum.at
Bilder: Spielzeugmuseum / Sammlung Tempel