Man lockt wieder mal mit anderen Blickwinkeln

RESIDENZGALERIE / NEUES SEHEN

04/06/13 Einige neue Glastüren – Vorboten des Museumsrundgangs – sind nicht die einzige Änderung in der Residenzgalerie, die nach mehreren Monaten Umbau ab morgen Mittwoch (5.6.) wieder geöffnet ist. Die neue Schau heißt „neues sehen – not ‚business as usual‘“.

Von Reinhard Kriechbaum

011Bis es mit dem Museumsrundgang im Frühjahr nächsten Jahres ernst wird, zeigt man die Sammlungsbestände, wieder einmal nach neuen Kriterien geordnet. Die beiden letzten Räume der langen Saal-Flucht (angrenzend an die Cafeteria) sind jetzt der Museumspädagogik gewidmet. „Der Trend geht weg vom Bastelraum“, sagt die neue Residenzgalerie-Direktorin Gabriele Groschner, und drum ist ein Zimmer zum „Medienraum“ erklärt worden. Jetzt werden gerade alle möglichen audiovisuellen Hilfsmittel angeliefert. Man war in der Residenzgalerie immer schon vorne dabei, wenn es um die Kunstvermittlung ging.

008Zwei gravierende Änderungen in den Schauräumen: Den Fenstern sind nun Betonitwände vorgeblendet. Deren leicht wolkiges Grau macht sich gut als Hängefläche und erweitert diese immerhin von 300 auf 360 Meter Lauffläche. Die Lüftungsgitter dieser Wände am unteren Rand erinnern an Kühlschrank-Sockel, sind also keine Zierde, aber wohl notwendig für die Luftzirkulation. Doch was man sich für die Beleuchtung ausgedacht hat! Eine Beleidigung fürs Auge: ein Gestänge, das fatal an die Oberleitung einer S-Bahn erinnert. Die Spots sind freilich optimal auf die Bilder gerichtet.

012Die Bildpräsentation folgt keiner historischen Chronologie, sondern sie verknüpft Motive und Themen assoziativ. Sehr bewusst, so Gabriele Groschner, habe man auf Gegenüberstellungen zur Moderne verzichtet, denn der Barock dürfe sich ruhig selbstbewusst gerieren. Eine Ausnahme sind Arbeiten neueren Datums, die dem Museum der Moderne zugeschlagen wurden, aber eigentlich in den gewachsenen Bestand der Residenzgalerie gehören. Sie bilden jetzt so etwas wie eine sanfte Würze der Barock-Präsentation. Amelie Makart fehlt natürlich ebensowenig wie die Salzburg-Stadtansicht von Loos.

Einen eigenen Raum hat „der“ Rembrandt bekommen. Gegenüber dem Originalbild kann man „on screen“ das Gemälde vergrößern und genau schauen, wie die Farbe auf die Kupferplatte aufgetragen ist. Natürlich auch, wie wenig feinsinnig spätere Restauratoren mit dem Bild umgegangen sind. Auch zwei Barockbilder, die sich durch ihre perspektivische Eigenart auszeichnen, werden von computergenerierten 3D-Animationen begleitet.

009Charme hat ein Raum, in dem Bilder so gehängt sind, wie es früher üblich war, über- und nebeneinander. Dazu hat man Gitter an den Wänden angebracht. Es macht sich wohl bezahlt, dass man neuerdings einen Ausstellungsdesigner (Walter Kirpicsenko) beschäftigt.

„Wir brauchen jetzt viel Unruhe“, sagt Gabriele Groschner. Die neue Sammlungspräsentation will sie dezidiert als Einladung zur Neuorientierung verstanden wissen. „Realismusspiele“ heißt das Thema gleich im ersten Raum „Der dunkle Farbraum“, „Realismus und Mystizismus“, „Barocke Mystik und New Age“, „Farbaffekte“ und so weiter: Das wirkt alles einfallsreich und die (großteils vertrauten) Bilder müssen sich anstrengen, um mitzuhalten mit diesen didaktischen Absichten. Abrer auf die Museumspädagogik im Haus ist gewiss Verlass. Diese Agenden hat Gabriele Groschner an Monika Fermin übergeben.

010Der Katalog ist eigentlich ein Lesebuch und wurde in Kooperation mit dem Literaturhaus gestaltet: Die Schriftsteller Bodo Hell, Vea Kaiser, Walter Kappacher, Michael Köhlmeier und Julya Rabinowich waren eingeladen, jeweils einen Text zu einem Bild ihrer Wahl zu verfassen. Walter Müller hat ein Feuilleton übers Museum als solches geschrieben.

neues sehen – not „business as usual“. Eine Standortbestimmung zum 90jährigen Bestehen - bis 9. Februar 2014 in der Residenzgalerie Salzburg – www.residenzgalerie.at
Bilder: Residenzgalerie