Würgen, tanzen, Teig kneten

MdM / RUPERTINUM / TANZ DER HÄNDE

14/11/14 Nicht mit Wurstfingern. Als in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Hände als künstlerisches Ausdrucksmittel entdeckt wurden, kamen dafür natürlich nur bestens geformte Extremitäten in Frage. Sie mussten schlank sein, um erotische Assoziationen auslösen zu können.

Von Werner Thuswaldner

In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde ein Kult der Hände betrieben. Das Thema hat, wie die Ausstellung im Rupertinum, „Tanz der Hände“, eine Fülle spannender Aspekte. Pionierinnen der Kunstgattung waren zwei Solotänzerinnen der Wiener Staatsoper, Tilly Losch und Hedi Pfundmayr. Sie fanden, dass die Hände mindestens so viel hergaben wie die Beine, um ein Publikum zu beeindrucken. Das bewiesen sie in Zusammenarbeit mit experimentierenden Fotografen, wie etwa Rudolf Koppitz, die mit ihnen in den Ateliers diverse Posen durchprobierten. Vielfach waren es Dramulette, die aus einer Abfolge von Standfotos deutlich werden. Tilly Losch übernahm jeweils den männlichen Part, Hedi Pfundmayr den weiblichen. Gedanken an eine lesbische Beziehung auszulösen, war nicht nur eine Nebenabsicht. Die beiden sollen nicht bloß in der Kunst, sondern auch im Privaten auf die verschiedenen Geschlechterrollen fixiert gewesen sein.

Was dabei herauskam, zeigt nun eine begeisternde Schau im Rupertinum: „Tanz der Hände“. Sie vereint nicht nur Fotos, sondern auch Filme, Dokumentationen und andere Objekte. Die Ausstellung des „Photoinstituts Bonarte“ in Wien, kuratiert von Monika Faber, wurde in Salzburg durch ein sehr sehenswertes Kapitel erweitert. Denn Tilly Losch und Hedi Pfundmayr traten 1926 bei den Salzburger Festspielen auf. Dazu findet sich im Archiv des Festspielhauses eine Menge Material. Berichte in den damaligen Medien zeugen davon, welches Aufsehen die beiden erregten. Allein die durch wechselnde Beleuchtung hervorgehobenen Hände machten auf der Bühne des Festspielhauses den Effekt. Expressivität lautete damals das zeitgemäße Schlagwort.

Dies spielte etwa auch in der Porträtfotografie der Zeit eine große Rolle. Man denke nur an das Porträtfoto, das Egon Schiele zeigt, das außer das Gesicht auch die Hände ins Bild bringt. Das Bild stammt von dem berühmten Fotografen Anton Josef Trcka, von dem viele Junge, die die österreichische Fotografie der Zwischenkriegszeit prägten, lernten. Andere Größen der Zeit ließen sich ähnlich wie Schiele abbilden. Man scheute sich nicht, ausgefallene Posen einzunehmen.

Abgesehen von künstlerischen Experimenten waren die Hände damals ein großes Thema. Das Handlesen galt als ergiebiges Mittel, Einsichten über die Zukunft eines Individuums zu erfahren. Aus den Händen glaubte man den Charakter eines Menschen ablesen zu können. Demnach haben Mörder und Gutmenschen gänzlich verschiedene Hände. Gruselfilme nahmen sich des Themas an Selbstverständlich mischte sich auch die Rassenkunde ein.

Die arbeitenden Hände – Teigkneten – sind ein Thema, ebenso wie die Handpflege. Die betenden Hände kommen nicht vor. Die hat Albrecht Dürer ein für alle Mal erledigt.

„Tanz der Hände“ – bis 15. Februar 2015 im MdM Rupertinum – www.museumdermoderne.at
Bilder: MdM /