Pionierin der Performance-Kunst

MUSEUM DER MODERNE MÖNCHSBERG / CAROLEE SCHNEEMANN

24/11/15 Das Museum der Moderne präsentiert eine umfassende Retrospektive zum Werk der US-amerikanischen Künstlerin Carolee Schneemann. Vorgestellt wird ein sechs Jahrzehnte umspannendes Werk als Genealogie einer Malerei, die in Bewegung gerät und in neue Formen von Kunst mündet.

Carolee Schneemann, geboren 1939 in Fox Chase, Pennsylvania, lebt in New York, ist eine der wichtigsten Künstlerinnen ihrer Generation. Als Pionierin der Performance-Kunst ist Schneemann in die Geschichte der Kunst eingegangen. Ihre Arbeit über Geschlechterrollen, Sexualität und die Verwendung des Körpers in der Kunst ist von wegweisendem Einfluss auf die nachfolgenden Künstlergenerationen.

Das Museum der Moderne Salzburg präsentiert in dieser Werkschau Schneemanns berühmte Arbeiten und Performances gleichzeitig mit bisher noch nie oder selten gezeigten Werken und rückt damit neue Facetten ihres künstlerischen Wirkens in den Fokus. „Basierend auf einer wissenschaftlich fundierten Aufarbeitung wird ihr Werk in dieser Retrospektive in einer bisher noch nie da gewesenen Breite und Tiefe im Kontext der Malerei beleuchtet und für ein breites Publikum erschlossen“, sagt Sabine Breitwieser, Direktorin am Museum der Moderne Salzburg und Kuratorin der Ausstellung.

Ausgehend von Schneemanns früher Landschafts- und Portraitmalerei aus der Mitte der 1950er-Jahre, die sich zu objekthaften „Gemälde-Konstruktionen“ entwickelt, wird die Rolle von Malerei in Verbindung mit ihren Performances, Choreografien und experimentellen Filmarbeiten untersucht. Die Ausstellung erstreckt sich auf zwei Ebenen über eine Fläche von 1.700 Quadratmetern in der rund 350 Arbeiten gezeigt werden. Darunter sind Leihgaben aus dem Museum of Modern Art, New York, der Tate, London, und dem Schneemann Archiv in den Special Collections an den Stanford University Libraries.

Carolee Schneemann studierte Malerei am Bard College in Annandale-on-Hudson New York, an der Columbia University und an der University of Illinois. Sie begann früh, ihre Gemälde mit einfachen Mechanismen in Bewegung zu setzen und Fotografien und Gegenstände aus ihrem Alltag in Arbeiten zu integrieren, für die sie den Begriff Painting Constructions prägte.

Zahlreiche Werke aus dieser Gruppe, in denen sie unter anderem auch Feuer als gestalterisches Material einsetzte, sind in der Ausstellung zum ersten Mal zu sehen. 1961 zog die Künstlerin nach New York und wurde dort Teil der avantgardistischen Entwicklungen der Downtown-Kunstszene in Film, Tanz, Happening und Event. Sie war eine der Performerinnen in Claes Oldenburgs Store Days (1961), choreografierte als erste bildende Künstlerin für das Judson Dance Theater (1962–1964) und trat als Manets Olympia in Robert Morris’ Site (1964) auf.

Der Wunsch, die Malerei über die Leinwand hinauszutragen und zugleich Schöpferin und Darstellerin ihrer Bilder zu sein, führte zu einer hybriden Form von Performance und Fotografie in der sie ihren Körper in ihrem Studio mit Werken wie u.a. Four Fur Cutting Boards (1962) einbrachte.

In zahlreichen Werken und Texten setzte sich Schneemann speziell mit dem weiblichen Körper im historischen und gesellschaftlichen Kontext auseinander und untersuchte Lust und Erotik aus einer weiblichen Sichtweise. In ihrem sexuell expliziten Film Fuses (1965) portraitierte sie sich selbst und ihren Lebensgefährten, den Komponisten und Musiktheoretiker James Tenney beim Sex. Schneemann enthüllte darin gemeinsame Intimität und untergrub gleichzeitig die Formen gängiger Pornografie. In einer ihrer wohl bekanntesten Arbeit Interior Scroll (1975/1977) bringt Schneemann ihren Körper als Quelle „inneren“ Wissens in Stellung: Sie zieht eine Papierrolle aus ihrer Vagina und liest Zentimeter für Zentimeter einen Text über Sexismus und die Geringschätzung, die Frauen in der Kunstwelt entgegenschlägt, vor. Ein Meilenstein und die wohl bekannteste unter ihren Arbeiten ist ihr „Kinetisches Theaterstück“ Meat Joy („Fleischliche Freuden“, 1964), eine Gruppenperformance als ekstatisch-opulentes Fest aus Sexualität, Popmusik und Fleisch.

Als kritische Antwort auf die Malerei des Abstrakten Expressionismus entwickelte Schneemann mit Up to and Including Her Limits (1973–1977) eine Performance-Installation, welche den Körper der Künstlerin als Medium der künstlerischen Markierung hervorhebt. Jüngere Werke wie die skulpturale Installation Flange 6rpm (2011–2013) zeugen von der Intensität, mit der die Künstlerin nach wie vor aktiv ist. (MdM)

Museum der Moderne Mönchsberg – Carolee Schneemann. Kinetische Malerei – bis 28. Februar 2016 – www.museumdermoderne.at
Zur Ausstellung erscheint mit dem Katalog „Carolee Schneemann. Kinetische Malerei“ bzw. „Carolee Schneemann. Kinetic Painting“ die erste umfassende Publikation über Carolee Schneemann, herausgegeben von Sabine Breitwieser für das Museum der Moderne Salzburg. Erschienen ist die 320 Seiten starke Monografie im Prestel Verlag München.
Bilder: MdM