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Ein subtil gesponnenes Programm-Netz

SALZBURER FESTSPIELE 2017 / DAS KONZERT

14/11/16 „Wir haben nicht versucht, an den bewährten Strukturen etwas zu ändern. Es gibt die Konzerte der Wiener Philharmoniker und der Gastorchester, die Mozart-Matineen, die Solistenkonzerte und Liederabende. Was wir versucht haben war, sinnhafte Konstellationen innerhalb der Reihen, zwischen den Reihen und innerhalb des Gesamtprogramms zu entwickeln.“

Von Heidemarie Klabacher

Keimzelle und Ausgangspunkt des Konzertprogramms im Festspielsommer 2017 ist die Ouvertüre Spirituelle mit dem Motto „Transfiguration“. Das Publikum habe sich in den vergangenen Jahren „mit größter Neugier und Offenheit auf die neuen Klänge bei der Ouvertüre Spirituelle eingelassen“, sagte der Florian Wiegand, der Leiter Konzert bei der Programmpräsentation des neuen Leitungsteams um Intendant Markus Hinterhäuser und Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler.

Die Reihe mit den Musiken der Weltreligionen ist abgeschlossen. Auf dem Programm der Ouverture Spirituelle stehen 2017 alte, „klassische“ und neue Werke der westlichen Welt. Meilensteine freilich, wie etwa von Johannes Ockeghem die älteste aller Requiem-Vertonungen, samt dem jüngeren Schwesternwerk von Mozart oder dem noch jüngeren „Lux Aeterna“ von Ligeti. Das 15. Streichquartett von Schostakowitsch, „Vier Gesänge“ von Gérard Grisey oder das „Stabat Mater“ von Franz Schubert, das noch nie bei den Festspielen erklungen ist: Das sind weitere Werke, die Trauer und Schmerz thematisieren und verarbeiten, aber auch vom „Hinübergleiten in eine andere Welt“ erzählen, wie etwa „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ von Joseph Haydn oder die „Visions de’l Amen von Olivier Messiaen.

Aus diesen Werken heraus entwickelten sich quasi die Programme der einzelnen Konzertreihen, erklärte Florian Wiegand: So entstehe Gérard Griseys „Quartre Chants“ eine von zwei Reihen mit zeitgenössischer Musik: „Zeit mit Grisey“. Die gemeinsame „Zeit mit Schostakowitsch“ nimmt ihren Ausgang mit dem bewegenden Streichquartett Nr. 15 es-Moll. Das Neue hat bei den Festspielen quasi ja schon immer gegeben – sei es in jüngerer Zeit unter dem Titel ‚Zeitfluss’, ‚Kontinente’ oder wie zuletzt ‚Salzburg Contemporary’. „Nun heißt es eben ‚Zeit mit…’“, sagte Florian Wiegand, der zusammen mit Markus Hinterhäuser für die Konzertplanung verantwortlich ist. Man wolle zeigen, wie „selbstverständlich Neue Musik im Konzert empfunden werden kann“.

Schon im ersten Konzert der Ouverture spirituelle, das zugleich den Beginn der Serie „Zeit mit Grisey“ markiert, werde das Band zu Gérard Grisey, den langjährigen Schüler von Olivier Messiaen, geknüpft, von dem aus wiederum zahlreiche dramaturgische Fäden reichen, etwa zu weiteren Spektralisten und Klangmagiern wie Scelsi und Murail. Ein Höhepunkt der Reihe sei für ihn, so Wiegand, „Les Espaces acoustiques“ mit dem ORF Radio-Symphonieorchester unter Matthias Pintscher.

Das 15. Streichquartett von Schostakowitsch, ein „Werk des Abschieds“ gespielt vom Hagen Quartett in der Kollegienkirche, leitet die „Zeit mit Schostakowitsch“ ein. Ihm gilt mit der Neuproduktion seiner „Lady Macbeth von Mzensk“ zugleich ein Schwerpunkt im Opernprogramm. Mit Schostakowitsch stehe ein Komponist im Mittelpunkt, „der wie kaum ein zweiter mit der Politik seiner Zeit verbunden war“, so Florian Wiegand. Gespielt werden Werke von der „naiven“ ersten Symphonie über weitere Orchester- und Kammermusikwerke bis hin zu Gustav Mahlers „Abschied“ aus dem „Lied von der Erde“, den Schostakowitsch über alles geliebt habe.

Von Mozarts Requiem führt eine direkte Linie zu „La Clemenza di Tito“ im Opernprogramm, von der „Marienvesper“ zu den drei halbszenischen Aufführungen von „Orfeo“, „Ulisse“ und „Popea“… So bildet 2017 die Ouverture Spirituelle tatsächlich die „Keimzelle für jene Themen, die klanglich und inhaltlich in den weiteren Programmen wieder aufgegriffen werden“.

Die Wiener Philharmoniker spielen unter Bernard Haitink, Andris Nelsons, Riccardo Muti, Herbert Blomstedt und Daniel Barenboim. Das „Festspielorchester“, das 2017 seinen 175. Geburtstag feiert, spielt übrigens zum ersten Mal in der Festspielgeschichte Richard Strauss’ „Metamorphosen“.

Das Mozarteumorchester Salzburg gestaltet neben den Mozart-Matineen unter der Leitung von Mirga Gražinytė-Tyla, Ivor Bolton, Giovanni Antonini, Václav Luks und Constantinos Carydis auch die c-Moll-Messe in St. Peter. Vor neunzig Jahren, am 6. August 1927, wurde diese erstmals in der Stiftskirche St. Peter im Rahmen der Salzburger Festspiele mit Mitgliedern des Mozarteumorchesters und des Wiener Staatsopernorchesters aufgeführt. Das Mozarteumorchester spielt auch in den beiden zwei konzertanten Opernaufführungen sowie im Abschlusskonzert des Young Singers Project. Die Camerata Salzburg gibt, neben einem Beitrag zur Ouverture Spirituelle, zwei Konzerte mit Sir Roger Norrington und Lorenzo Viotti.

Viotti ist – wie auch die Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla – ein Preisträger des Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award. „Wir kaufen nicht nur Stars ein. Wir sind auch ganz gut, Stars zu machen“, ergänzte dazu Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Die Camerata Salzburg wird denn auch wieder jene drei Konzerte spielen, in denen der Young Conductors Award-Preisträger 2017 ermittelt wird.

Die Liederabende 2017 geben Christian Gerhaher, Elīna Garanča, Marianne Crebassa, Matthias Goerne, Sonya Yoncheva und Krassimira Stoyanova. In den Solisten- und Orchesterkonzerten zu hören sind die Pianisten Pierre-Laurent Aimard, Martha Argerich, Daniel Barenboim, Yefim Bronfman, Evgeny Kissin, Maurizio Pollini, András Schiff, Grigory Sokolov und Mitsuko Uchida. „Dazu gesellen sich zwei viel beachtete Salzburg-Debütanten: Igor Levit und Daniil Trifonov.“

Anne-Sophie Mutter, die zu Pfingsten 2017 in Salzburg ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum feiert, ist auch im Sommer zu Gast, und zwar mit einem Solistenkonzert sowie mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra unter Manfred Honeck. Auf Wunsch der Salzburger Festspiele stehen neben Tschaikowskis Sechster Symphonie die selten gespielten Violinkonzerte von Witold Lutosławski auf dem Programm.

Das Festspielprogramm 2017 zum Download - www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Anne Zeuner (1); www.igor-levit.de/ (1); dpk-krie (1); www.hilbert.de / Stephan Doleschal (1)
Zum Kommentar Wirklichkeits- und Möglichkeitssinn

 

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