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Von einem anderen Planeten

FESTSPIELE / HAGEN QUARTETT / SOL GABETTA

08/08/17 Es gibt sie, die Sternstunden der Musik! Eine besonders kostbare bescherten das Hagen Quartett und die Cellistin Sol Gabetta dem Festspielpublikum mit Bach, Schostakowitsch und - unvergesslich - Schuberts Quintett.

Von Horst Reischenböck

An den Anfang des Abends stellte das Hagen Quartett – dramaturgisch zwingend - Johann Sebastian Bachs Contrapunctus I – IV aus der „Die Kunst der Fuge“ BWV 1080: so unprätentiös im Dienst an der Sache, als wäre ein solches Stimmengeflecht das Einfachste von der Welt. Es bot Gelegenheit für die einzelnen Ensemble-Mitglieder, sich zum jeweiligen Einstieg solistisch abzuwechseln, um danach im Kollektiv zu beweisen, dass auch thematisch vielleicht spröde Gedankenarbeit Emotion nicht ausschließen muss. Wenn etwa der dritten Fuge durchaus tänzerische Bewegtheit entlockt wird. So ergab die abwechslungsreiche Abfolge eine eine Art viersätziger Suite.

Zwingend auch, nach dem letzten verklingenden Ton nahtlos in Dmitri Schostakowitschs Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110 einzusteigen. Beginnt jener innerhalb seines Schaffens zentrale kammermusikalische Angelpunkt auch mit einem Fugato über seine eigenen Initialen: selbstversunken, zart von Clemens Hagen am Violoncello angestimmt, werden diese nach oben – über die Bratsche von Veronika Hagen und die zweite Geige von Rainer Schmid – an die erste Geige von Lukas Hagen weitergereicht.

Eine zusätzliche Verbindung: Schostakowitsch lässt im späteren Verlauf das B-A-C-H-Motiv anklingen. Davor aber schlägt die Stimmung abrupt um, nach Verklingen im Pianissimo kämpferisch brutale Schläge in dreifachem Forte ins Ohr gehämmert. Nicht bloß, wie im Titel vermerkt, „Gedächtnis der Opfer des Faschismus und des Krieges“, sondern Bewusstsein von persönlichem Ausgeliefertsein an die Obrigkeit. Diesem Geschehen mengt das Allegretto an nur kurz eher ironisierende Aufhellung bei, ehe ins vorletzte Largo gewechselt wird und der große Bogen über das Werk genauso bedrückend wie zu Beginn erstirbt. All das kam expressiv und bewegend aufgeladen, phänomenal ausgespielt, so dass danach nahezu minutenlang das Fallen einer Stecknadel im Auditorium zu hören gewesen wäre. Absolute Stille im Bewusstsein, Außergewöhnliches erlebt zu haben.

Kaum vorstellbar, doch dieses Erlebnis wurde noch gesteigert durch Franz Schuberts Streichquintett C-Dur D 956. Dazu kam die Cellistin Sol Gabetta ans zweite Cellopult: so unaufdringlich wie mitbestimmend, auf einzigartige Weise integriert, als gehöre sie schon immer zum Hagen Quartett. Atemberaubend, wie schier unmöglich Scheinendes Wirklichkeit wurde. Töne verhauchend noch weiter in leiseste Regionen übergeführt von unermesslicher Trauer und Tragik. Der einzige Wunsch: Es möge nie zu Ende gehen. Was nach der „göttlichen“ Länge von 54 Minuten – leider – dann doch der Fall war.

Bild:Festspiele / Marco Borrelli 

 

 

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