Zurück zu den Wurzeln

FESTSPIELE / LIEDERABEND YONCHEVA

14/08/17 Sonya Yoncheva sang sich am Sonntag (13.8.) mit einem reinen Barockprogramm in die Herzen des Publikums im Mozarteum. Begleitet wurde sie von der Academia Montis Regalis unter Alessandro De Marchi.

Von Oliver Schneider

Nur siebzig Minuten dauerte der als Liederabend deklarierte „Barockopernabend“ der bulgarischen Sopranistin Sonya Yoncheva im Großen Saal des Mozarteums mit Arien und Instrumentalwerken von Georg Friedrich Händel, Jean-Philippe Rameau und Henry Purcell. Immerhin erklatschte sich das dem Charme der weltweit gefeierten Verdi-Violetta erlegene Publikum drei Zugaben. Zwei hatte man allerdings schon im offiziellen Programm gehört.

Sonya Yoncheva verfügt über einen warm timbrierten, farbenreichen, in der Höhe leuchtenden und gleichzeitig sehr üppigen Sopran. Längst stehen große Verdi- und Puccini-Herausforderungen in ihrem Kalender. Ihr Stimmgold ließ sie bei Cleopatras „V’adoro pupille“ aus Händels „Giulio Cesare in Egitto“ auch voll aufglänzen, was einerseits die Dimensionen des Saals sprengte und andererseits einen zu starken Kontrast bedeutete zum feinen, wunderbar artikulierenden Klang des zurzeit in Innsbruck beschäftigten Originalklangensembles Academia Montis Regalis.

Doch die Yoncheva ist Profi genug, um sich rasch auf die veränderten Gegebenheiten einzustellen. Berührend war ihr schwebendes Piano in Cleopatras „Se pietà die me non senti“. Richtig angekommen in der Barockwelt ist sie dann bei drei Arien aus „Dardanus“, „Castor et Pollux“ und „Les Indes galantes“ von Rameau, die sie hörbar auch zu ihren Anfängen in William Christies Akademie Le Jardin des Voix zurückführten. Bei „L’Amour, le seul Amour“ aus Dardanus führte sie ihre Stimme deutlich instrumentaler als im ersten Händel-Block. Mit empfundenem, tiefem Seelenschmerz interpretierte sie Téläires Totenklage „Tristes apprêts, pâles flambeaux“ aus „Castor et Pollux“, für die sie sich von einem goldenen Kokon in eine im schlichten schwarzen Abendkleid Trauernde verwandelte.

Bei „Forêts paisibles“ aus „Les Indes galantes“ schlug sie selbst mit Freude das Tamburin und ließ ihrer elektrisierenden Spiellust auch in einem Konzert freien Lauf. Das war schon fast halbszenisch. Wunderbar traf die junge Sängerin den verführerischen Duktus von Morganas „Tornami a vagheggiar“ aus Händels „Alcina“. Der Höhepunkt des Abends war geschickt auf den Schluss gelegt: den Klagegesang „Thy hand, Belinda – When I am laid in earth“ aus Purcells „Dido and Aeneas“, mit dem Dido der Sinnlosigkeit ihres Lebens ohne ihren geliebten Aeneas beseelt Ausdruck verleiht. So sehr die Yoncheva vorher immer wieder ihre technische Virtuosität in Koloraturen bewiesen hatte, hier zeigte sie, wo ihre wirkliche Stärke liegen. Hier zeigte sie sich als große Heroin.

Pure Freude bot die organische orchestrale Begleitung durch die Musiker der Academia Montis Regalis und Alessandro De Marchi. Wobei Begleitung eigentlich das falsche Wort ist, denn die Musikerinnen und Musiker durften sieben von 16 Stücken an diesem Abend alleine interpretieren. Dabei zeigte auch dieses Ensemble, dass auch Streichinstrumente mit Darmsaiten einen seidenweichen Klang haben können.

Bis auf die Rameau-Werke findet man alle von Sonya Yoncheva gesungenen Arien sowie ihre erste Zugabe („Lascia ch’io pianga“ aus Händels „Rodelinda“) auf ihrer im Februar erschienen Barock-CD, auf der sie ebenfalls von der Academia Montis Regalis begleitet wird. Hoffentlich findet ihr Engagement in den nächsten Jahren auch in einem anderen Repertoire eine Fortsetzung.

CD-Tipp: Sonya Yoncheva, Händel, Arien aus Opern von Georg Friedrich Händel und Henry Purcell, Sonya Yoncheva/Karine Deshayes (Mezzosopran)/Academia Montis Regalis, Leitung: Alessandro De Marchi, 1 CD, Label: Sony Classical
Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli