Überschäumender Kehraus

FESTSPIELE / MOZARTMATINEE / CONSTANTINOS CARYDIS

22/08/17 Es war die fünfte, letzte Mozart-Matinee dieses Festspielsommers. Constantinos Carydis stand schon mehrmals vor dem Mozarteumorchester. Solistin war die Russin Yulianna Avdeeva. In kammermusikalischem Einsatz: die Klarinetten-Crew des Orchesters.

Von Horst Reischenböck

Die Werkfolge war vorerst etwas von der ungewöhnlichen Art. Insofern, als die aus Moskau gebürtige Pianistin Yulianna Andrejewna Avdeeva die Matinee am Wochenende (19./20.8.) im Großen Saal des Mozarteums im Alleingang begann. Zu ihrem Salzburg-Debüt nahm sie ein „Zugabenstück“ vorweg und das orchester warten. Was würde sie mit und in der wohl nicht ganz komplett überlieferten d-Moll-Fantasie KV 385g (397) mitteilen?

So, wie sich Avdeeva zart über die Klaviatur hinweg ins Andante zu Beginn einschlich, mag wohl auch Mozart vorerst ein Instrument geprüft haben, um dann entsprechend bestimmter weitere Ideen zu entwickeln. Das war nachdrücklich und trotz freier gestalteter Thematik selbst im Kleinen plausibel übermittelt – bis ein an sich eher fern anmutend tiefer Ton Einhalt gebot, auf den das Mozarteumorchester nahtlos ins eröffnende Tutti des letzten Klavierkonzerts in B-Dur KV 595 einstieg. Unter Constantinos Carydis' instruktiv beschwörenden Händen wurde differenziert abschattiert musiziert. In voller Übereinstimmung mit dem Gast. Yulianna Andrejewna Avdeeva, Chopin-Preisträgerin 2010 in Warschau , hing am Steinway mitunter romantisierenden Rubati nach, sie steuerte kleine Arabesken beisteuerte und scvhreckte im Schluss-Allegro auch vor an Beethoven gemahnend dräuender Dynamik nicht zurück.

Ein ungewohnter Einstieg auch nach der Pause: Ferdinand Steiner, Christoph Zimper und Margarete Knogler ließen fünf in ein Divertimento in F-Dur gebündelten Stücke für drei Bassetthörner aus KV 439b hören, eine willkommene und abwechslungsreiche Rarität, die wohl früher etwas rauer getönt haben mag als zu dieser Gelegenheit auf modernen Klappeninstrumenten. Ein amüsanter Abgang nach dem Polonaise-Finale.

Den Reigen der B-Tonarten beschloss dann die unter „groß“ firmierende g-Moll-Sinfonie KV 550, in ihrer Zweitgestalt mit den von Mozart nachträglich eingefügten Klarinetten. Constantinos Carydis hetzte das ihm jeden Wunsch von den Augen ablesende Mozarteumorchester förmlich ins eröffnende Molto Allegro hinein. Mit diesem Impuls entwickelte er eine kämpferische Auseinandersetzung, wie man sie so deftig selten hört. Das „blökende“ Paar Naturhörner hat ihn durch forsche Einwürfe zusätzlich akzentuiert. Dazwischen blitzten auch die exzellent ausgewogen in sich abgemischten Holzbläser immer wieder hervor.

Die Bandbreite an Dynamik wurde voll ausgereizt und auch im weiteren Verlauf penibel alle Wiederholungszeichen beachtet. So im dadurch ausgedehnten Andante oder im Finale, das innerhalb der Repetitionen bei den Generalpausen gezielt andere, aufhorchen machende Gewichtung erhielt. Im Kontrast dazu das Trio im Menuett – als Kammermusik ausgeführt. Das Publikum jubelte.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli