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Auf das Unfassbare reagiert

FESTSPIELE / LESUNG / DAVID GROSSMAN

08/08/18 Wie mit Trauer umgehen? Einsam in sich hineinfressen? Oder hemmungslos laut klagend öffentlich machen? Wofür sich der israelische Autor David Grossman entschied, wurde am Dienstag (7.8.) in einer Lesung im republic deutlich.

Von Werner Thuswaldner

Das Ehepaar Grossman hat 2006 während einer militärischen Auseinandersetzung 2006 im Libanon seinen jüngsten, damals 20jährigen Sohn verloren. Er war Mitglied eine Panzerbesatzung. Wie reagierte der Dichter Grossman auf das unsagbare Leid? Für ihn blieb es nicht unsagbar, er reagierte wie ein Schriftsteller. Er schrieb das Buch „Aus der Zeit fallen“, das 2013 erschienen ist und sehr viel Aufmerksamkeit erregt hat. Inzwischen hat es sich erwiesen, dass das Medium Radio (Hörspiel) dem Text am besten entspricht.

Die Salzburger Festspiele ließen im republic nun von sieben Schauspielerinnen und Schauspielern daraus vorlesen. Angesichts der Fürchterlichkeit des Ereignisses verbietet es sich, den Text wie jeden anderen zu nehmen und an ihm herumzukritteln. Daher soll hier nicht von Redundanzen die Rede sein und nicht von gelegentlichem Anstreifen am Kitsch. Soll jeder seine Art finden, mit so etwas Unfassbarem, wie es der Tod des eigenen Kindes ist, zu Rande kommen. Im Übrigen ist das Buch seinerzeit in den höchsten Tönen gelobt worden.

Grossman zeigt das zutiefst verstörte Ehepaar in seiner Hilflosigkeit, herausgerissen aus den „normalen“, alltäglichen Zusammenhängen. In unseren Breiten wird in solchen Fällen in der Regel das Repertoire an religiösen Trostformeln mobilisiert. Die werden von Grossman nicht bemüht. Bei ihm läuft es auf einen Klagegesang hinaus. Der Mann steht im Vordergrund, seine Art, wie er – hilfloser als die Frau - den Verlust erleidet. Anfangs sieht es nach einem leicht nachvollziehbaren Erzählen aus, aber es bleibt nicht beim Schildern einer häuslichen Szene. Der Mann wird zu einer mythischen Figur, die es wandernd herumtreibt. Andere Menschen bekommen eine Stimme, denen Vergleichbares geschehen ist – auch sie dürfen eindringlich schildern, wie schwer sie vom Verlust eines Kindes betroffen worden sind.

Der Schauspieler Martin Schwab übernahm den Hauptteil des Erzählens. Seiner Stimme, die Ausdrucksstärke und Empathie mitschwingen lässt, vertraut man sich gerne an. Dankbar war man auch für die Art, wie Caroline Peters als Mutter des Gefallenen die Stärke dieser Frau markierte. Markus Scheumann als Vater, der das ganze Leid am liebsten für sich allein beanspruchen will, hielt sich sehr zurück; er hätte stimmlich markanter auftreten können. Oliver Stokowski , August Zirner Valerie Pacher und Lukas Miko widmeten sich mit Intensität ihren kleineren Aufgaben.

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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