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Tränen von heute und gestern

FESTSPIELE 2019 / KONZERT

15/11/18 Das zentrale Thema „Mythen“ spielt im Festspielsommer 2019 auch im Konzertprogramm eine subtile Rolle. Trauer, Schmerz und Tränen – antiker wie christlicher Protagonisten – prägen die achte Ouverture spirituelle mit Werken von Palestrina und Bach bis Schostakowitsch und Nono.

Von Heidemarie Klabacher

Eröffnet wird die Ouverture spirituelle mit Lagrime di San Pietro, einem Meisterwerk der Acappella-Literatur in einer szenischen Adaption von Peter Sellars mit dem Los Angeles Master Chorale. „Ich trage Verantwortung“, das ist das zentrale Thema der Madrigale nach Texten von Luigi Tansillo (1510–1568), die den heiligen Petrus in seiner Trauer zeigen, nachdem er Jesus verleugnet hat. Das Leiden und Klagen angesichts des Kreuzes erklingen in Bachs Kantate Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen und ihrem Echo bei Franz Liszt, in Wolfgang Rihms Motetten nach Passionstexten oder in Sofia Gubaidulinas textlosen Sieben Worten. Dazu kommen Miserere-, Mess- und Requiemvertonungen durch die Jahrhunderte.

Den „Tränen einer näheren Vergangenheit“ gelten Schostakowitschs Siebte Symphonie oder Luigi Nonos Il canto sospeso, der auf Abschiedsbriefen Hingerichteter aus dem antifaschistischen Widerstand basiert. Beide Werke spielt das SWR Symphonieorchester - unter seinem neuen Chefdirigenten Teodor Currentzis und unter Peter Rundel.

Einen direkten Anknüpfungspunkt zu den alten Mythen bietet Pascal Dusapins Oper Medeamaterial auf einen Text von Heiner Müller, in der der antike Stoff mit düsteren Zukunftsvisionen verbunden wird. Die konzertante Wiedergabe mit Jennifer France als Medea und mit dem Vocalconsort Berlin und der Akademie für Alte Musik unter Franck Ollu markiert mit der Aufführung von Granum sinapis sowie den Requiem-Vertonungen Umbrae mortis und Dona Eis zugleich den Beginn der Reihe Zeit mit Dusapin.

In dieser Reihe wird mit Kraanerg eines der größten Werke von Dusapins Lehrer Iannis Xenakis zu hören sein – gespielt vom Klangforum Wien unter der Leitung von Sylvain Cambreling. Georg Nigl (Bariton) und Olga Pashchenko (Klavier) bringen Dusapins Liederzyklus O Mensch! im Mozarteum zur Aufführung. Pascal Dusapin ist auch ein vielbeachteter Fotokünstler. Insgesamt sechst Konzerte umfasst die Reihe Zeit mit Dusapin. Dazu zeigt die Leica Galerie Salzburg ab 25. Juli eine Ausstellung, die das fotografische Schaffen des Komponisten dokumentiert. Die zweite Reihe Zeit mit... gilt dem rumänischen Komponisten George Enescu, den schon früh die Gesänge und Tänze der Roma faszinierten. Neben seiner Oper OEdipe erklingen seine Werke in insgesamt fünf Konzerten.

Die Wiener Philharmoniker spielen unter Riccardo Muti Giuseppe Verdis Messa da Requiem in memoriam Herbert von Karajan († 16. Juli 1989). Ein Schwerpunkt der Wiener gilt Mahler: Herbert Blomstedt, der auch mit Gustav Mahler Jugendorchester zu Gast sein wird, dirigiert Mahlers Neunte, Daniel Barenboim die Kindertotenlieder und dessen Fünfte. Franz Welser-Möst bringt mit den Wienern Werke von Richard Wagner, Richard Strauss und Dmitri Schostakowitsch, Bernard Haitink zusammen mit Murray Perahia Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 op. 58 und Bruckners Siebte.

In der Reihe Orchester zu Gast ist Teodor Currentzis zum ersten Mal als neuer Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters bei den Festspielen. Das West-Eastern Divan Orchestra, das im nächsten Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert, gastiert mit Anne-Sophie Mutter und Martha Argerich als Solistinnen. Es spielt unter der Leitung seines Gründers Daniel Barenboim u.a. die Siebte Beethoven, ein Werk, das beim Gründungskonzert auf dem Programm stand. Mariss Jansons kommt mit „seinem“ Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks nach Salzburg, Kirill Petrenko mit „seinen“ Berliner Philharmonikern.

Das Gustav Mahler Jugendorchester ist unter der Leitung von Herbert Blomstedt und mit Christian Gerhaher als Solisten zu Gast. Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien gestaltet neben einem Konzert unter der Leitung von Jonathan Nott auch das Preisträgerkonzert des Gewinners des Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award 2018: Gábor Káli. Andris Nelsons und Gewandhausorchesters Leipzig beschließen die Auftritte der Gastorcheser mit Bruckners Achter.

Die Kammerkonzerte geben Martha Argerich und Daniel Barenboim mit Mitgliedern des West-Eastern Divan Orchestra, das Quatuor Ebène, das Quatuor Modigliani mit Lawrence Power (Bratsche) und Sabine Meyer (Klarinette) sowie Mitsuko Uchida zusammen mit dem Klarinettisten Jörg Widmann und der Sopranistin Anna Lucia Richter.

Die Liederabende gestalten Christian Gerhaher, Georg Nigl, Patricia Petibon, Mauro Peter und Diana Damrau. Als Liederabend der besonderen Art gilt seit Jahren die semi-szenische Winterreise in der Interpretation von Matthias Goerne und Markus Hinterhäuser in Regie und Visualisierung von William Kentridge als „Trio für Sänger, Pianist und Filmprojektor“. In den Solistenkonzerten sind die Pianistinnen und Pianisten Igor Levit, Grigory Sokolov, Evgeny Kissin, Arcadi Volodos, Maurizio Pollini, Mitsuko Uchida und Khatia Buniatishvili zu erleben, von der Geigenzunft Maxim Vengerov und Patricia Kopatchinskaja.

Das Mozarteumorchester gestaltet die Mozart-Matineen mit seinem Chefdirigenten Riccardo Minasi, mit Ivor Bolton, Ádám Fischer, Raphaël Pichon und Andrew Manze, der sein Debüt bei einer Mozart-Matinee feiert, und der auch die c-Moll-Messe (ausnahmsweise wegen des Umbaus in St. Peter im Großen Saal des Mozarteums) mit der Camerata Salzburg leiten wird. Weitere Konzerte der Camerata dirigieren Ehrendirigent Roger Norrington, Lorenzo Viotti und Manfred Honeck. Solist in Beethovens zweitem Klavierkonzert mit der Camerata Salzburg unter der Leitung von Manfred Honeck ist Lang Lang.

Das Konzertprogramm 2019: www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Harmonia mundi-Julien Mignot (1); Thomas Egli (1); Martin U.K.Lengemann (1); David Ignaszewski (1); Sony Classical, Gavin Evans (1)
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