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Tragik und Komik eng benachbart

FESTSPIELE / LESUNG / MYTHOS ORPHEUS

16/08/19 Der Klagenfurter Schriftsteller Egyd Gstättner wurde bei den Salzburger Festspielen gleichsam in einem Atemzug mit Horaz genannt. Nicht bloß genannt. Wie von Horaz wurde am Donnerstag (15.8.) auch von Egyd Gstättner ein Text gelesen. Es war eine schöne Lesung, ausverkauft, so dass die Zahl der Programmfolder bei weitem nicht ausreichte.

Von Werner Thuswaldner

Die Festspiele haben sich diesen Sommer vorgenommen, in antiken Mythen zu schwelgen. Dabei gelang der Nachweis, dass das Bildungsbürgertum keineswegs ausgestorben ist und dass Kenntnisse über griechische Sagenfiguren nach wie vor Anklang finden. Senta Berger und Ulrich Matthes widmeten sich im Großen Saal des Mozarteums den beiden Gestalten Orpheus und dessen Frau Eurydike, er ein viel gerühmter Sänger, sie eine Nymphe. Ein Schlangenbiss kostete Eurydike das Leben, worauf er in die pure Verzweiflung ausbrach. Sein Flehen, sie aus dem Hades zurückzugewinnen, blieb nicht unerhört. Allerdings war er zu schwach, die damit verknüpfte Bedingung, sich auf dem Weg aus der Unterwelt nicht nach ihr umzuschauen, zu erfüllen. Daher endet die Geschichte im Desaster. Der Stoff hat die Jahrhunderte hindurch Scharen von Dichtern angelockt, die sich herausgefordert fühlten, ihre ganz persönliche Deutung kundzutun. Darunter, wie gesagt, Horaz und Egyd Gstättner. Letzterer schwang sich nicht wie Dutzende andere zu höchstem Pathos auf. Er weigerte sich ausdrücklich und ging lieber den Weg eines Lokalredakteurs. Elfriede Jelinek leistete auch ihren Beitrag, indem sie wortreich und witzig davon berichtete, was es heißt, als Schattenwesen in der Unterwelt zu existieren.

Die ironische Beschäftigung mit dem Thema war nicht gang und gäbe. Oft versuchten die Dichter, der Erschütterung und dem Schmerz zu schildern, von dem Orpheus beim Verlust seiner Frau erfasste. Aber etliche hatten eben ihren Spaß daran, das tragische Paar aus der Antike in die Gegenwart zu versetzen, womit sich die komischen Effekte von selbst einstellten. Davon lebt die Komik in Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“. Dialogpassagen aus dem Libretto präsentierten Berger und Matthes mit Vergnügen. Ebenso die Passagen aus Theatertexten von Jean Anouilh, der die antiken Figuren Ehe- und Beziehungsprobleme von heute erleben ließ. Der Franzose, der in den sechziger und siebziger Jahren die Bühnenspielpläne beherrschte, ist heute dem Publikum unbekannt.

Alles in allem gaben die ausgewählten Texte den Sprechkünstlern des Abends eine Fülle von Gelegenheit, mit ihrem Können zu brillieren.

Bild: SF / wildbild

 

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