Ein Allerlei mit Knalleffekten

FESTSPIELE / CAMERATA / MANFRED HONECK

21/08/19 Jedes Orchester, das auf der Bühne im „Haus für Mozart“ spielt, muss sich der speziellen Herausforderung durch eine schrille, scharfe und mitleidlose Akustik stellen. Im Konzert am Dfienstag (20.8.) tat es die Camerata Salzburg unter der Leitung von Manfred Honeck und mit Lang Lang am Klavier. Beeindruckend, aber kühl temperiert.

Von Gottfried Franz Kasparek

Die Camerata, aufgestockt auf ein klassisches Symphonieorchester, erfreute am Beginn von Franz Schuberts Zauberharfen-Ouvertüre mit schönen Holzbläsersoli, Dann wurde die Sache aber etwas laut und ruppig, ein eher handfester, allerdings effektvoller Zauber.

Anschließend spielte Lang Lang das Zweite Klavierkonzert Beethovens am Steinway. Der Mann kann zweifellos fabelhaft Klavier spielen. Und doch erschien das Stück seltsam uneinheitlich. Zwischen donnernden Läufen zeichnete der Pianist wie mit dem Silberstift nachgezogene, lyrische Passagen. Wie er dem leisen Ende des Adagios gleichsam nachhorchte, erzeugte Gänsehaut – da hörte man die sprichwörtliche Stecknadel im gebannt lauschenden Auditorium fallen. Vorher verblüffte die Kadenz im ersten Satz in der längsten, offenbar mit Eigenem versehenen Variante.

Überhaupt hatte Lang Langs Interpretation etwas Improvisatorisches, was sehr gut zu Beethoven passt, aber oft ein wenig aufgesetzt wirkte, von Manierismen nicht frei, doch schmackhaft mariniert. Der Dirigent erwies sich als aufmerksamer Partner, das Orchester setzte kräftige Akzente. Den Jubel des Publikums belohnte Lang Lang mit einer kurzen, ebenfalls improvisiert anmutenden Zugabe von höchster Virtuosität, der noch ein glanzvoller Sekundenlauf folgte.

Nach der Pause dann Schuberts „Große“ C-Dur-Symphonie. Manfred Honeck peitschte das Werk mit beschwörender Gestik in knapp 45 Minuten durch, wobei natürlich etliche Wiederholungen und noch mehr Feinheiten unter die Notenpulte fielen. Die ständig aufgeregt pulsierende Musik wirkte noch moderner als sonst. Dass in dieser Symphonie Gustav Mahler vor der Tür steht, weiß man, aber muss es gleich eine Art Dauer-Presto von Schostakowitsch sein? Die dem Werk innewohnende Transzendenz fehlte fast völlig. Die Längen wirkten nicht himmlisch, sondern hektisch, zerfahren, wild aufbrausend. Das hat etwas für sich, muss aber nicht gar so knallig und kantig sein.

Mit Volldampf ging es durch den ersten Satz und auch im Andante con moto riss die siedende Spannung nicht ab. Das Scherzo wurde gottlob nicht, wie früher oft üblich, amputiert. Die poetischen Klangflächen des Trios boten zwar Kontraste, aber verschwammen eigenartig. die Tuttischläge im Finale gingen durch Mark und Bein. Bei Nikolaus Harnoncourt und dem Concertgebouw Orchester war das einst sehr ähnlich, aber noch zwingender und von weitem Atem erfüllt. Wie auch immer, die Camerata gab ihr Bestes und der Applaus war groß.

Bilder: SF / Marco Borrelli