Strahlendes Lächeln. Charmoffensive. Ganz lieb. Aber noch viel lieber hätte man bei einem Liederabend gestalterische Differenzierung sowie da und dort ein paar Facetten in Stimm-Klangfarbe oder Lautstärke. Und Facetten hatten beim Festspiel-Liederabend im Großen Saal des Mozarteum weder der Tenor Mauro Peter, noch – erstaunlicherweise – sein Klavierpartner, der legendäre Helmut Deutsch anzubieten. Mittleres Fortissimo war die Grundlautstärke des Schubert-Blocks mit Goethe-Vertonungen, wie des umfangreichen Strauss-Blocks, der etwa die selten aufgeführten Mädchenblumen op. 22 enthielt.
Im Gegensatz zur Heimlichen Aufforderung erfordert das Lied Breit’ über mein Haupt Dein schwarzes Haar aus Sechs Lieder op. 19/2 deutlich mehr eigen-gestalterische Verantwortung von den Ausführenden. Und diese ließen ihrer „Locken Nacht“ wie mit einer Überdosis Haarlack überzogen steif und starr im Raum stehen. Und überhaupt Locken! Anscheinend gar nicht so leicht, über Locken zu singen. Auch Schuberts Versunken D 715 erzählt von reicher Haarpracht und der Sänger will „in solchen reichen Haaren für ewig auf und niederfahren“. In der Interpretation von Peter/Deutsch war selbst der „fünfgezackte Kamm“ noch zu fein. Höchstens mit einer Stricknadel wäre man durch dieses undurchdringliche Text-Musik-Haar-Gewirr gekommen.
Sei es Strauss' Ich liebe dich aus Sechs Lieder op. 37/2 oder das berühmte Ständchen aus Sechs Lieder op. 17/2: Anfänglich facettenreich und fein timbriert gesungene Zeilen und Verse wurden mit purer tenoraler Brachialgewalt Richtung Schlussphrasen auf den Kopf gestellt und doch nur zerdonnert.
Viel zu selten singt jemand Schuberts Der König in Thule D 367. Mauro Peter bettete das Lied mit Erlkönig (ein donnernder aber in der Stimmverteilung wirklich gelungener Parforce-Ritt, der die Haare zu Berge stehen ließ) und Der Fischer in eine Dreiergruppe von Balladen: Der deutsche Junker, der da den alten Zecher in seinem Schloss am Meer besang, war rührend in seiner aufrichtigen Wackerheit. In Summe aber war der Strauss-Block gelungener, endete dieser doch etwa mit einer fein differenziert gestalteten Freundlichen Vision aus Fünf Lieder op. 48/1.
Was man sich von dem jungen Schweizer Tenor aber erwartet hat – reiches Timbre, kundig-wendige Textbehandlung, Ausdruckswille – löste dieser erst in zwei seiner Zugaben ein, in Schuberts Verfließet vielgeliebte Lieder und Straussens Und morgen wird die Sonne wieder scheinen. Das gilt sicher auch für Liedinterpretation. Der Jubel des Publikums entsprach der Lautstärke der Interpreten.