Wie viele gute und sehr gute Interpretationen des Müllerin-Zyklus hat man, nicht allein bei den Festspielen, schon gehört. Aber solche Intensität bei gleichzeitiger Schlichtheit und Zurückhaltung aller musikalischen Gestaltungsmittel ist singulär. Matthias Goerne und Markus Hinterhäuser wurden für ihre Innenschau, für ihre sängerisch wie pianistisch anschaulich gefasste Lieder-Reise in den Tod denn auch mit Ovationen gefeiert. Es war ein psychologischer Alptraum im Pianissimo.
„Dein ist mein Herz...“ Ganz lieb, nur sie will es nicht. Ungeduld heißt das siebte Lied der „Müllerin“. Realitätsverweigerung wäre der angemessene Titel angesichts des Crescendo, mit dem der Bariton Matthias Goerne das letzte „Dein...“ wider besseres Wissen trotzig hinausposaunt. Es gab nur wenige laute Töne in der Wiedergabe von Goerne/Hinterhäuser. Die aber trafen. Ein Gegenstück zu diesem „Dein“ in der Ungeduld war das Mein! im gleichnamigen elften Lied: Geradezu gewaltsam endet die bewegt brodelnde Fehleinschätzung der Gefühle einer anderen Person: „Die geliebt Müllerin ist mein.“
Die stupende Wortdeutlichkeit von Matthias Goerne, auch in zungenbrecherischen Texten wie in Eifersucht und Stolz („Da streckt kein sittsam Kind den Kopf zum Fenster 'naus“), wurde von Markus Hinterhäuser subtil untermalt und verstärkt durch Präzision und Zurückhaltung in jedem Moment. Wie etwa auch die repetierenden Klaviertöne in Die böse Farbe beängstigende Akzente setzten, ohne die – in diesem Moment scheinbar „gesunde“ – Trauerarbeit des Sängers zu stören.
Stupende Leichtigkeit in den Registerwechseln. Tragfähiges samtiges Pianissimo, mit dem noch viel größere Säle als das Haus für Mozart erfüllt werden könnten: Nicht nur gestalterisch, auch technisch war Goernes Interpretation exemplarisch. Die psychedelischen Modulationen Schuberts im Klavierpart, die durch das eher langsame Grundtempo umso delikater zu Gehör gebracht wurden: Sänger und Pianist bescherten eine Sternstunde der Liedgestaltung.