Auf Teufel komm raus Schiller spielen?

HINTERGRUND / FESTSPIELE / MARIA STUART

13/08/21 „Wenn bei Schiller alles richtig gesprochen und betont wird, übt der Text eine Faszination aus, auf die man sich blind verlassen kann“, sagt Martin Kušej, der auf der Pernerinsel Maria Stuart inszeniert. Er sei, was die Sprache angeht, „völlig oldschool“.

Von Anne Zeuner

„Dieses Stück hat sich seit über zweihundert Jahren bewiesen.“ Der Schiller’sche Blankvers begeistere das Publikum auch heute noch – Überschreibungen seien nicht nötig. Die Moral von Schiller als Philosoph und Mensch hingegen, so der Burgtheater-Intendant und Regisseur, sei aus heutiger Sicht eher schwierig zu erzählen.

So „oldschool“ also doch wieder nicht: „Auf keinen Fall möchte ich Maria Stuart so erzählen, wie man es sich vorstellt“, sagt Martin Kušej. Eine Übersetzung der historischen Orte in die heutige Welt komme für ihn nicht in Frage. Vielmehr möchte er eine Bühne aus Menschen erzeugen, genauer gesagt aus männlichen Statisten, darin acht Individuen, die „auf Teufel komm raus Schiller spielen“, erklärt Kušej. So solle ein großes Bild entstehen, aus dem man soll ablesen können, „was eine Gesellschaft sein kann, in der die Männer dominierend sind“. Gleichzeitig gehe es um Macht und Manipulation, um zwei verfeindete Systeme, an deren Spitze zwei Frauen stehen. Bibiana Beglau ist Elisabeth und Birgit Minichmayr ist Maria Stuart.

„Der Rest ist Lust am Theater“, sagt Martin Kušej. Die Emotion komme bei Schiller über die Sprache. Es brauche gar keinen expliziten Raum. Der Zuschauer werde – so hofft er – in eine Emotionsmaschinerie hineingezogen. Maria Stuart sei ein klassisches Stück, das zeige, wie Macht funktioniere. „Es ist doch interessant, dass Königshäuser nach wie vor den Stoff für TV-Serien liefern“, sinniert Kušej. Dies seien faszinierende Geschichten über Macht, verbunden mit Familie. Einen lebendigen Plot, fast mit Thriller-Qualität habe Schiller da geschrieben. „Ich bin mir sicher, Friedrich Schiller wäre in der heutigen Zeit ein gefragter HBO oder Netflix- Autor geworden“, sagt er. Er habe bereits damals die Mechanismen erkannt, die auch heute noch funktionieren.

Vor sechzehn Jahren hat Martin Kušej zuletzt auf der Perner-Insel in Hallein inszeniert. Kein unkomplizierter Raum, befindet der Regisseur, da er ursprünglich nicht als Theaterraum erdacht wurde und somit keine gute Akustik habe. „Als Burgtheaterdirektor lehne ich Mikroports ab, aber auf der Perner-Insel muss ich darauf zurückgreifen, da man sonst bei Regen die Schauspielerinnen und Schauspieler nicht mehr verstehen würde.“

Bibiana Beglau spielt die Elisabeth und Birgit Minichmayr die Maria Stuart. Wie sehr ist das Konzept der Inszenierung duch die Besetzung beeinflusst? „Zu zwei Drittel nein, zu ein Drittel ja“, sagt der Regisseur. Er arbeite zuerst allein mit dem Stück. Lesen, Nachdenken, der Phantasie freien Lauf lassen, das sei für ihn das Tollste an seiner Arbeit. Dann beziehe er nach und nach Kostümbildner und Bühnenbildner mit ein, erstelle eine Strichfassung. Das sei im Übrigen eine riesige Herausforderung, denn Maria Stuart hätte ungestrichen eine Länge von gut sechs Stunden.

Bei der ersten Leseprobe präsentiere er dann seine Idee dem Ensemble, plaudert Kušej aus der Schule. Nach dreißig Jahren Berufserfahrung könne er mittlerweile gut alle ins selbe Boot holen. „Wir arbeiten dann in den ersten Proben sehr frei und offen, haben aber das gemeinsame Ziel vor Augen.“ Das Schwierigste sei dann, das, was aus Spontanität und Kreativität entstanden sei, so zu gestalten, dass es frisch bleibe und immer wiederzufinden, also abzurufen sei.

Maria Stuart hat am 14. August auf der Pernerinsel Premiere, Aufführungen bis 25. August – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Anne Zeuner (1); Rene Fietzek (1); Wiliam Minke (1)