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Tanz um den Festspiel-Maibaum

STEFAN ZWEIG CENTRE / VORTRAGSREIHE "GRÜNDERJAHRE"

28/07/10 Auf die Frage nach einem neuen Theater für die Stadt Genf schrieb Jean-Jacques Rousseau in einem berühmten Brief, es sei für den Zusammenhalt der Gesellschaft wichtiger, die Menschen zu Festen - etwa zum Tanz um einen Maibaum - zu versammeln, als sie ins Schauspielhaus zu schicken.

alt"Die französische Revolution hat sich später tapfer bemüht, solche Feste zu veranstalten, doch mit mäßigem Erfolg. Seither bemühen sich Festspiele auf der ganzen Welt um die schwierige Verschmelzung des Volksfests (und seiner Beiträge zur kollektiven Identitätsbildung) mit künstlerischen Aufführungen. Sie haben den Typus der modernen Festspiele kreiert." Das erklärt Thomas Macho, Professor für Kulturgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er eröffnet am kommenden Montag (2.8.) die Vortragsreihe "Gründerjahre" im Stefan Zweig Centre. "Wer spielt, und auf welcher Bühne?" ist Titel von Machos kulturgeschichtlicher Festspiel-Betrachtung.

Was führte Musiker, Schriftsteller, Schauspieler und Wissenschaftler aus Österreich und bald ganz Europa dazu, ausgerechnet in Salzburgs kleinstädtischer Szenerie von Armut und politischer Erschöpfung, von Inflation und Schleichhandel im Namen Mozarts und mit einigen nach dem Zusammenbruch der Monarchie recht fragwürdig gewordenen „urösterreichischen“ Idealen einen neuen Aufbruch zu wagen? Viele Persönlichkeiten steckten ihre Phantasie und ihr Engagement in diese Salzburger „Gründerjahre“, altHugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt und Richard Strauss sind nur die prominentesten Gestalten der frühen Salzburger Festspiel-Szene. Andere, unter ihnen Stefan Zweig, fanden - wenn schon nicht bei den Festspielen erwünscht - Anlass genug, gerade in dieser Stadt ihr Lebenswerk zu begründen.

Energien, Motive und Utopien jener gewiss nicht goldenen Salzburger "Gründerjahre" sollen in der Vortragsreihe also hinterfragt werden - Ergänzung also zur Schau "Das große Welttheater" im Salzburg Museum und an anderen Orten in diesem Sommer, die ja doch viele Fragen gar nicht erst stellt oder bestenfalls anschneidet.

Den kulturpolitischen Hintergrund der Festspielgründung erkundet der Wiener Zeitgeschichtler Prof. Oliver Rathkolb unter dem Vortragstitel "In Salzburg eine Triumphpforte österreichischer Kunst errichten" (3.8.).

Hofmannsthals Salzburger Festpielkonzept, den "Aufruf zum Salzburger Festspielplan" von 1919, betrachtet der Germanist Norbert Christian Wolf etwas genauer, denn er meint, dass Hofmannsthals gern zitierter Appell „an einen Europäismus, der die Zeit von 1750 bis 1850 erfüllt und erhellt" habe nur einen unvollkommenen Eindruck der ideellen Hintergründe und Absichten vermittle: Die konfliktreiche Entstehung und Entwicklung sollte man "mit den sozial-, kultur- sowie ideologiegeschichtlichen Brüchen und Verwerfungen des frühen 20. Jahrhunderts in Verbindung bringen", meint Norbert Christian Wolf.

Ein großes Podiumsgespräch über Hugo von Hofmannsthal,  den bedeutenden österreichischen Schriftsteller und wichtigsten Vordenker der Salzburger Festspiele beschließt das Programm. Für diesen Abend haben wir Literaturwissenschaftler aus Österreich, Deutschland und Italien zu einem Gespräch vor Ort. (Stefan Zweig Centre/dpk)

Detailprogramm: www.stefan-zweig-centre-salzburg.at
Bilder: Archiv Salzburger Festspiele

 

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