asdf
 

16 Konzertmeister - und keiner spielt die „Erste Geige“

FESTSPIELE / WORLD ORCHESTRA FOR PEACE

06/08/10 Das „World Orchestra for Peace“ gibt bei den Festspielen 2010 eines seiner raren Konzerte. Konzertmeister und Stimmführer von den besten Orchestern der Welt bilden, jeweils für nur wenige Tage, das „World Orchestra for Peace“. Orchesterdirektor Charles Kaye erzählt.

Von Heidemarie Klabacher

„Sie kommen aus allen Weltgegenden. Sie spielen miteinander, hören aufeinander, sprechen miteinander und fühlen miteinander durch die Musik: Das allein ist schon ein Statement für den Frieden.“ Charles Kaye ist der Direktor des „World Orchestra for Peace“. Er ist, neben dem Chefdirigenten Valery Gergiev, treibende Kraft des Orchesterprojekts und Hüter des Vermächtnisses von Sir Georg Solti, auf den die Idee für ein solches „Friedensorchester“ zurückgeht. Nur Konzertmeister und Stimmführer namhafter Orchester finden sich jeweils für einige Tage zum „World Orchestra for Peace“ zusammen. „Alles passiert über persönliche Einladung oder persönliche Empfehlung“, berichtet Charles Kaye. Die Musikerinnen und Musiker seien ihm und/oder Gergiev fast immer bekannt.

Zwanzig Jahre lang, von 1977 bis zum Tod Georg Soltis 1997, war Charles Kaye als „Executive Administrator“ die rechte Hand des Dirigenten. Im Jahr 1992 haben er und Lady Solti auf Einladung des Prinzen von Wales ein Überraschungskonzert zum 80. Geburtstag des Maestro im Buckingham Palace organisiert: Dreizehn Musiker aus den wichtigsten Orchestern, die Solti in seinem achtzigsten Lebensjahr dirigiert hatte, spielten Richard Wagners „Siegfried-Idyll“. Mit seinen Dankesworten habe Sir Georg Solti damals den Keim gesät: „Ist es nicht erstaunlich, dass wir Musiker ein vereintes Europa herstellen können, ja sogar eine vereinte Welt? Warum schaffen das die Politiker nicht?“

Im Jahr 1995, zum 50. Geburtstag der Vereinten Nationen, ist dann das „World Orchestra for Peace“ unter der Leitung von Georg Solti erstmals zusammengetreten: für ein einziges Konzert. „So war es geplant.“ Niemand habe auch nur im Entferntesten daran gedacht, erinnert sich Charles Kaye, dass dieses Ensemble jemals wieder miteinander spielen würde. Allein der Organisationsaufwand, die Flugkosten …

Doch im Jahr darauf - Georg Solti dirigierte bei den Salzburger Festspielen gerade den „Fidelio“ in der Wernicke-Inszenierung - habe Baden-Baden angefragt: Möchte Sir Georg Solti nicht das Konzert zur Eröffnung des neuen Festspielhauses dirigieren und sich ein Orchester dafür aussuchen? Kaye habe daraufhin das „World Orchestra for Peace“ vorgeschlagen. 1998 hat Valery Gergiev die Leitung des Orchesters übernommen.

Seither tritt das Orchester zwar nur in unregelmäßigen und relativ großen Abständen zusammen. Dafür markieren die Auftritte aber auch Ereignisse und Gedenktage von internationaler - oft tatsächlich welthistorischer - Bedeutung. In den fünfzehn Jahren seines Bestehens hat das „World Orchestra for Peace“ fünfzehn Konzerte gegeben. „Aber das ist ein Zufall“, betont der Orchesterdirektor.

Mit den Konzerten am 1. und am 2. September 2009 in Krakau und Stockholm wollte man an den Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem Angriff auf Polen erinnern, aber auch an den zweihundertjährigen Frieden zwischen Schweden und Finnland. Krzysztof Penderecki, der in Krakau lebt, hat für diese Konzerte sein „Prelude for Peace“ geschrieben und es Valery Gergiev und den Mitgliedern des „World Orchestra for Peace 2009“ gewidmet. Es spielten 93 Musiker aus 74 Orchestern aus 33 Nationen.

Im Jahr 2000 gedachte man in London des „Blitz“-Angriffs der Nazis auf die Themse-Metropole, 2005 des Endes des Zweiten Weltkrieges mit einem Konzert in der „Verbotenen Stadt“ in Beijing. Der Organisationsaufwand war enorm, stöhnt Charles Kaye noch Jahre später.

2008 gab das „World Orchestra for Peace“ ein Konzert in Jerusalem: „Auch das war nicht leicht zu managen. Aber wir haben alle gespürt, dass wir in Jerusalem spielen müssen - und nicht in Tel Aviv, wo die meisten großen Konzerte in Israel stattfinden.“ Zwei Musiker aus Daniel Barenboims „West-Eastern Divan Orchestra“ hätten er und Chefdirigent Gergiev aus diesem Anlass bewusst eingeladen. „Barenboims Idee ist es ja, junge Musiker von zwei Seiten einer Krise zusammenzubringen. Wir mit dem ‚World Orchestra for Peace’ wollen zeigen, dass es möglich ist, alle Nationen zu vereinen.“

Die Einladung zu den Salzburger Festspielen habe man, so Key, „mit großer Freude und Dankbarkeit angenommen“: Sprachen doch die Gründerväter bereits 1918 von den Festspielen als einem „Friedenswerk schon jetzt, im Kriege“.

Honorar für die Musikerinnen und Musiker gibt es keins, nur ein „Dankeschön-Geld“, eine Aufwandsentschädigung, die für alle, auch den Chefdirigenten, gleich ist. „Mit Ach und Krach“, antwortet Charles Kaye auf die Frage, wie er überhaupt das Geld für die jeweiligen Projekte zusammenbekomme. „Zum Glück gibt es visionäre Sponsoren, die unsere Botschaft verstehen.“

Das „World Orchestra for Peace“ spielt zum fünfzehnten Geburtstag des Orchesters, zum „90er“ der Festspiele und zum 150. Geburtstag Gustav Mahlers heute, Freitag  (6.8.), um 20.30 Uhr im Großen Festspielhaus die „Vierte“ und die „Fünfte“ von Gustav Mahler. Das Sopransolo in der „Vierten“ singt Camilla Tilling.
Bilder: SFS / www.worldorchestraforpeace.com

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014