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Die Nachtwache eines Siebzigjährigen

FESTSPIELE / CANTANDO ADMONT / HAGEN QUARTETT

24/07/22 Auf Wolfgang Rihm, einen der bedeutenden lebenden Komponisten, lenkten die Festspiele schon in der Vergangenheit immer wieder ihr Augenmerk. Der Beginn einer Hommage für ihn fand Samstag (23.7.) innerhalb der Ouverture spirituelle in der Kollegienkirche statt. Joseph Haydn war als Gegenpart programmiert.

Von Horst Reischenböck

Man muss mit der Amtskirche nicht unbedingt was am Hut haben. Wenn’s um Aufträge geht, werden halt auch sakrale Texte vertont. So durch Wolfgang Rihm in seiner Vigilia, einer persönlichen Auswahl aus den Gebetswachen für Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. Ein halbes Dutzend an Motetten, entstanden in derselben Anzahl an Jahren, gipfeln in einem ausgedehnten Miserere. Sie sind durch instrumentale Sonaten gegliedert.

In diesem Konzert erlebten sie ihre Erstaufführung am Ort, getragen von Kräften, die besser nicht zu denken gewesen wären. Das Klangforum Wien ist Österreichs Parade-Ensemble für solche Aufgaben. Schon in der Einleitung prachtvoll vornehmlich in tiefen Registern mit Klarinetten, Horn, Posaune, Tuba, Viola, Cello, Kontrabass und E-Orgel, wozu das Schlagwerk aufrüttelnde Akzente setzte.

Wieder stand Sylvain Cambreling am Pult, und wieder waren die Stimmen von Cantando Admont, diesmal zu sechst, von Cordula Bürgi perfekt einstudiert. Aus dessen Reihen schwang sich immer wieder der Sopran von Elina Viluma-Hellings glockenhell in fast schon esoterische Höhen auf.

So weit so schön so gut und – nach der einen Stunde auch mit absoluter Zustimmung für den anwesenden Komponisten. Ein Wermutstropfen, so wie in den bisherigen Konzerten der Ouverture spirituelle in der Kollegienkirche: Wer außer wahrscheinlich dem Erzabt von St. Peter (ein treuer Konzertbesucher) ist schon vertraut mit diesen Texten? Man hätte die Übersetzung schon mitlesen können im Programmheft, aber das ist vergebliche Liebesmüh im abgedunkelten Kirchenraum. Da opfert man der Stimmung entschieden zu viel – denn ums Energiesparen wird’s wohl nicht gehen.

Osterwochen-Musik zu den Hundstagen: nun, die Temperatur innen machte die Schwüle draußen vergessen. Zumal nach der Pause, als sich das Hagen Quartett im Anschluss passend auf das Vorangegangene mit Haydns singulären Sieben letzten Worten unseres Erlösers am Kreuze Hob. XX/1:B einer weiteren ähnlich langen Meditation auslieferte. Aufgeladen, voll leidenschaftlich differenzierterer Hingabe – und doch musste man an den Bischof von Cadiz denken: Der wusste wohl, warum er bei Haydn eine Orchesterversion bestellte.

Die Quartettfassung droht eben in so einer großen Kirche akustisch zu verpuffen, zumal wenn Pizzikati bis ans unterste noch spielbare Piano ausgelotet werden. Das, obwohl sich die Hörer, mehrheiltlich übrigens ohne Maske, mustergültig so verhielten, so dass man das Fallen einer Stecknadel hätte hören können. Der Jubel war einhellig.

Hörfunkübertragung am 16. August um 19.30 Uhr in Ö1
Bilder: Salzburger Festspiele / Universal Edition (1); Marco Borrelli (1)

 

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