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„Leise ist immer schwerer als laut“

HINTERGRUND / IL TRITTICO

28/07/22 Morgen Freitag (29.7.) hat Giacomo Puccinis Il trittico Premiere. Nie zuvor wurden diese drei Einakter aus Puccinis Spätzeit – Uraufführung war 1918 – bei den Festspielen produziert. Es ist auch die erste gemeinsame Arbeit des Regisseurs Christof Loy und des Dirigenten Franz Welser-Möst zusammen.

Musikalisch findet Welser-Möst, der hier zuletzt Salome und Elektra dirigiert hat, durchaus Gemeinsamkeiten zwischen Puccini und Strauss. Beide hätten sehr eng am Text komponiert, die Beziehung zwischen Wort und Ton sei bei beiden sehr wichtig gewesen – „echtes Musiktheater eben“. Es stelle Dirigenten vor handwerkliche Herausforderungen. „In Gianni Schicchi gibt es einige Falltüren, auf der anderen Seite faszinieren die unglaubliche Orchestersprache und die immense Ausdruckspalette von aufrauschenden bis hin zu kammermusikalischen Passagen“, beschreibt er die Facetten dieses Werks.

Ein tragisches (Il tabarro), ein lyrisches (Suor Angelica) und ein heiteres Stück (Gianni Schicchi) an einem Abend zu kombinieren, das war die Absicht von Puccini. Alle drei Stücke sind gar nicht so oft gemeinsam zu hören (und die Spieldauer ist ja auch ansehnlich). Christof Loy und Franz Welser-Möst entschieden sich für eine atypische Reihenfolge, mit Suor Angelica am Ende. Dieses Stück werde überhaupt oft weggelassen, sagt dazu der Regisseur. Aber gerade von der Wirkung dieses Stücks sei er später besonders beeindruckt gewesen. Ihm sei es auch ein Anliegen, diesen Einakter zu rehabilitieren.

Und die Idee, Suor Angelica an den Schluss zu stellen, habe auch mit der Sopranistin Asmik Grigorian, die in allen drei Werken singt, zu tun: „Es schien uns folgerichtig, den Abend mit einem wirkungsvollen Monolog zu beenden“. Die verbreitete Tradition, mit Gianni Schicchi zu schließen, gehe seiner Meinung nach auf Erfahrungen mit dem griechischen Satyrspiel zurück. Mit der nun in Salzburg gezeigten Reihenfolge gebe es demgegenüber die Möglichkeit, eine Katharsis und einen Weg ins Paradies aufzuzeigen.

Sehr unterschiedlicher Puccini stecke in allen drei Stücken, sagt Franz Welser-Möst. Für ihn sei das Ganze nicht eine Oper in drei Akten, es seien drei verschiedene Stücke. „Es zeigt sich, wie richtig Christof Loys Theaterinstinkt ist. Zwischen Gianni Schicchi und Suor Angelica gibt es eine große Fallhöhe, insofern hat sich die Entscheidung für eine Umstellung sehr schnell als richtig herausgestellt“. Die größte Überraschung sei für ihn Christof Loys fast „gnadenlose Genauigkeit gewesen“, sagt Franz Welser-Möst, seine Auffassung von Disziplin stimme mit seinen eigenen Prinzipien überein. Diese erste Zusammenarbeit mit Christof Loy werde also „nicht unsere letzte sein.“

Sein eigenes Verhältnis zu Puccini sei mitunter kompliziert gewesen, immer wieder habe er dieses reflektieren müssen, gibt Christof Loy zu. „Puccini schreibt vieles, beispielsweise im Hinblick auf Timing und Aktion vor.“ Seine Werke machen ohne eine bestimmte Ausstattung keinen Sinn“, so Loy. Er als bekennender Minimalist habe sich von Puccinis Forderungen nach bestimmten Ausstattungsmerkmalen in seiner Fantasie zum Teil etwas eingeschränkt gefühlt. Grundsätzlich sei es faszinierend, welch präziser Menschenzeichner Puccini sei. Das gelte auch für die musikalischen Räume, wo sich Vieles im leisen dynamischen Bereich abspiele. „Aus Puccinis genauen Forderungen an Sänger und Figuren ergibt sich gewissermaßen ein Puzzle, bei dessen Zusammensetzung man viele Freiheiten entdecken kann“.

Dem stimmt Franz Welser-Möst zu. Das Ganze zusammenzusetzen und als Gesamtkunstwert aufzuschlüsseln, sei für ihn jeden Tag eine große Freude in einem tollen Team, das aus insgesamt mehr als dreißig Rollen bestehe. Und obwohl die Wiener Philharmoniker das Werk zuletzt vor etwa dreißig Jahren an der Wiener Staatsoper gespielt hätten, war nach der ersten Orchesterprobe klar, warum sie das beste Opernorchester der Welt seien. Ganz wichtig bei Puccini sei es, von Anfang an auf den Punkt zu kommen. „Bei Il tabarro muss man vom ersten Ton an die Atmosphäre treffen, es beginnt im dreifachen Piano – leise ist immer wesentlich schwerer als laut“. Schnelle Stimmungswechsel stellten musikalisch hohe Anforderungen, Puccini sei eben ein Großmeister der Komprimiertheit.

Hilfreich sei es, so Loy, wenn man mit einer Künstlerin wie Asmik Grigorian zusammenarbeite, die er schon seit 2014 kenne und mit der ihn ein enges Vertrauensverhältnis verbinde. Die gemeinsame künstlerische Suche reiche sogar bis hin zum Austausch von Nachrichten nach der Probe. „Sie ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die das Maximum aus allen Situationen herausholt, sie tritt in allen drei Rollen gänzlich verschieden auf. Das macht es leicht, emotional differenzierte Zustände auszuloten“. Ihr Spielstil sei inspirierend für alle, findet Christof Loy. „Ihr gelingt es, ein Gefühl für das Theatralische zu entwickeln, das nicht aufgesetzt wirkt“. (PSF/dpk-krie)

Premiere am 29. Juli im Großen Festspielhaus, weitere Vorstellungen am 5., 9., 13., 18. und 21. Augus – Premiere live am 29.8. um 18 Uhr in Ö1, TV-Übertragung zeitversetzt am 13. August um 22.05 Uhr in ORF2, Streaming auf ARTE Concert am 13. August um 18.30 Uhr – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / / Birgit Probst Photographie (1), Monika Rittershaus (3)

 

 

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