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Teufel der ungebändigten Fantasie

FESTSPIELE / DANIIL TRIFONOV

01/08/22 Solistenkonzert – das heißt bei den Festspieln im Wesentlichen Klavier solo. Heuer gelten neun von zehn dem Klavier. Der international preisgekrönte Daniil Trifonov begeisterte mit Szymanowski, Debussy, Prokofjew und Brahms.

Von Horst Reischenböck

Der 31jährigen Russe, somit der Jüngste in der Pianistenschar, die heuer zu Festspielehren kommt, hat mit der jeweils dritten Klavierkonate Sonaten von Karol Szymanowski und Johannes Brahms Suiten von Claude Debussy und Sergej Prokofjew kombiniert: All diese Komponisten waren einst auch Meister am Instrument, natürlich auch als Interpreten ihrer eigenen Werke.

Das warem also von Karol Szymanowski Sonate für Klavier Nr. 3 op. 36, von Claude Debussy Pour le piano, von Sergej Prokofjew Sarkasmen op. 17 und von Johannes Brahms Sonate für Klavier Nr. 3 f-Moll op. 5.

Debussys Dreiteiler wurde von Trifonov „mit ernster, träger Eleganz“ tief und nachdenklich ausgelotet, besonders die Sarbande. Dazu das stark rhythmische Prélude und die fffektvoll virtuos vif zu spielenden Toccata – ein erster Höhepunkt. Zuvor ins Geschehen eingestimmt hat Szymanowskis gewichtige Sonate, mit der der Komponist gewissermaßen Franz Liszts Vorbild folgte: Ein nicht gering zu schätzender Einsätzer, durch den auch Debussys Einfluss schimmert.

Szymanowski wird, wenn überhaupt in unseren Breitengraden, hauptsächlich als einer der letzten Schöpfer von Mazurken wahrgenommen. Hier nun schälte der polnische, aus dem schon damals russisch besetzten Teil der Ukraine Gebürtige , Komponist aus glitzernden Arabesken seine Themen, die letztendlich in eine Fuge münden. Absolut eine Bereicherung im Repertiore. Wie auch Prokofjews fünf Sarkasmen , die den ihnen eingechrieben aufmüpfigen Spott eigentlich längst verloren haben. Waren doch Prokofjews Zeitgenossen zu dessen Musik der Ansicht, „Teufel der ungebändigten Fantasie vollführen auf den Gräbern sämtlicher Fundamente des musikalisch Schönen einen orgiastischen Tanz“. Die Weiterentwicklung der Musikgeschichte hat dies relativiert. Dennoch bieten die Sätze bis heute reizvollesFutter für technisch so brillante Virtuosen wie Daniil Trifonov. Dieser bewies mit dem furios in die Tasten gehämmerten Precipitosissimo (eine rare Aufforderung), dass ein derart traktierter Bösendorfer letztendlich auch nur ein mechanisiertes Hackbrett ist.

Leere Plätze im Parkett kündeten im Anschluss daran davon, dass dies alles Manchen im Auditorium ein wenig zuviel gewesen sein dürfte. An Brahms und seiner momumenalen Sonate sollte es wohl nicht gelegen haben, selbst wenn sich Trifonov mit jugendlichem Ungestüm vorerst Hals über Kopf ins eröffnende Allegro stürzte und dem Zusatz „maestoso“ erst in der Wiederholung der Exposition inhaltlich voll gerecht wurde. Im Andante espressivo wie auch im, nach dem Walzer-seligen Scherzo, sich aufbäumenden Trauermarsch entsprach er vollinhaltlich Robert Schumanns Anmerkung zum Brahms: „Am Klavier sitzend fing er an, wunderbare Regionen zu enthüllen.“ Emotional differenziert abschattierte Anschlagskultur beim Nachfahren. Ein Erlebnis. Standing Ovations waren logischer Dank.

Nebenbei bemerkt: Intendant Markus Hinterhäusers in jedem Konzert vorneweg vom Band mahnende Worte, Ton- und Bildaufnahmen seien verboten, werden negiert. Der immer-wieder Einsatz nicht ausgeschalteter Handys wäre zu Karajans Tagen sowohl streng kontrolliert wie geahndet worden!

Bilder: SF / Marco Borelli

 

 

 

 

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