Es schmettert das Posthorn – und sonst auch alles

FESTSPIELE / MOZART-MATINEE / BOLTON

20/08/22 Es ist für den inneren und äußeren Horziont gut und wichtig, immer wieder Neues kennenzulernen. Aber auch das Wieder-Hören selbst bekanntester Werke in erfrischenden Lesarten kann neue Momente erschließen.

Von Heidemarie Klabacher

Das kann ein Klarinetten-Glissando im ersten Satz der Symphonie D-Dur KV 297 sein. Das kann ein langer, wie ein Balken querliegender und von der Flöte geschärfter Horn-Ton im Adagio der Pariser oder auch eine spannende Bläserfarbe im ersten Menuett der Posthorn-Serenade sein.

Ivor Bolton, guter Bekannter und Ehrendirigent am Pult des Mozarteumorchesters, schien bei der Mozart-Matinee am Samstag (20.8.) eine Tendenz zum Schwergewichtigen zu haben. Erstaunlich laut das Ganze, dabei aber immer transparent. Wirklich gerne hätte man am Lautstärken-Regler gedreht. Der Eindruck von der Pariser zog sich weiter hinein das Konzert für Klavier und Orchester G-Dur KV 453 mit dem Solisten Alexander Melnikov. Der Flügel war ins Orchester hineingestellt, wie sonst oft ein Continuo-Cembalo, der Solist agierte also tatsächlich aus dem Orchester heraus – als ein kundiger, wendiger, elegant phrasierender Partner in Sachen Mozart. Der Applaus für den Solisten war sehr zurecht freundlich und lang anhaltend. Mit einer charmant fragenden Geste an den Konzermeister Frank Stadler holte er sich quasi die „Erlaubnis“ für eine kleine Zugabe – und erfreute denn auch mit der d-Moll Fantasie.

Für die Serenade D-Dur KV 320 Posthorn-Serenade, Lieblingsstück, stachelte Ivor Bolton „sein“ Mozarteumorchster weiterhin zu nicht wirklich motivierter Lautstärke an. Der Übergang vom eigenwilligen Adagio maestoso zum Allegro im ersten Satz kam sogar überhastet daher, das Menuett stampfte, wie es sich gehört, aber selbst die feineren Momente ließen die gewohnte Geschmeidigkeit vermissen. Anders verlief es, wenn die solistisch brilliernden Oboen und Flöten, quasi die Führung übernahmen, ihre tragenden Rollen delikat und virtuos ausspielten und – allein schon wegen der wechselnden Orchesterbesetzung – leichtere Töne anklangen. Das verhaltene moll-verschleierte Andantino brachte einen Moment ersehnter Ruhe. Brillant gelungen die namensgebenden Posthorn-Signale im zweiten Menuett. Dann noch ein paar kräftige Schmetterbälle im flinken aber organisch fließenden Finale. Keine Stern- aber eine vergnüglich hingefegte zweieinhalbstündige Mozart-Stunde.

Bilder: SF / Marco Borelli