Und Gott sah, dass es gut war

FESTSPIELE / DIE SCHÖPFUNG / GARDINER

23/07/12 „Im Anfang schuf  Gott Himmel und Erde“ erzählt  Raphael im Bassregister den Beginn der Schöpfungsgeschichte im Haydn-Oratorium. Alexander Pereira hat fürs Erste die „Ouverture spirituelle“ geschaffen und will „Die Schöpfung“ als Festspielauftakt zu einer jährlichen Tradition machen.

Von Elisabeth Aumiller

Stimmiger hätte der erste Abend der spirituellen Reihe nicht ausfallen können. Sir John Eliot Gardiner machte mit dem den vorzüglichen English Baroque Soloists, dem exemplarischen Monteverdi Choir und den Gesangssolisten Lucy Crowe, James Gilchrist und Vuyani Mlinde Haydns Schöpfungs-Oratorium zum Erlebnis. Gardiner ist für seine Vielseitigkeit bekannt und ist vor allem in der historischen Aufführungspraxis eine anerkannte Größe, wofür er hier erneut eindringlichen Beweis führte.

Wie mit einem Urknall begann der erste Orchestereinsatz, der sogleich, das Chaos in seiner Formlosigkeit symbolisierend, dem geheimnisvoll diffusen Tutti-Unisono und den sich ineinander verflechtenden Klangschichtungen Raum gab. Von der „Finsternis auf der Fläche der Tiefe“ kündete geheimnisumwittert die Bass-Stimme und magisch schwebend der Choreinsatz vom „Geist Gottes auf der Fläche der Wasser“. Auftrumpfend gewaltig schwollen die Chorstimmen an zum triumphalen „Und es ward Licht“.

Gardiner baute vom ersten Einsatz bis zur letzten Note einen großen Spannungsbogen, zeigte sich als Dirigent von energievollem Impetus und  modellierte die Klangformen, die dynamische Bandbreite  und die unterschiedlichen  Tempi  nuancenreich mit großer Präzision und Vielgestaltigkeit, dazu auch extrem in ihren Polaritäten. Haydns programmatisch orientierte Klangfantasie fächerte Gardiner tonmalerisch auf. Das historisch eingestimmte Instrumentarium lieferte vor allem mit der Pauke, den Naturhörnern und Posaunen breite Möglichkeiten der Klangkontraste. Herausragende Melodische Linien brachten die Flöten in filigraner Eleganz.

In der Rezitativ-Begleitung der Sänger fand das Hammerklavier reizvoll improvisatorisch anmutendes Verzierungs-„Vokabular“. Mit Staunen hörte man das „Wunderwerk“, das den Kehlen des Monteverdi Choir entströmte. Es herrschte vorzügliche stilistische Einheit zwischen Chor, Orchester und  Solisten.

Sopran, Tenor und Bass punkteten mit ausgesucht schlanken Stimmen, exzellenter Textdeutlichkeit und ausgewogenem Zusammenklingen.  Lucy Crowe sang Gabriel und Eva mit kristallklarem Sopran, flinker Geläufigkeit in den Verzierungen und raschen Läufen und  geschliffen präsent  in jeder Note. Ihren beiden großen Arien „Nun beut die Flur“ und „Auf starkem Fittiche“ verlieh sie Glanz und Ausdruck und fand auch zart-innige Töne für den „teuren Gatten“. Ebenfalls mit guter  Stimmführung gab James Gilchrist den Uriel und ließ tenoral glänzend die „Sonne strahlend“ aufsteigen. Vuyani Mlinde machte mit  schlank fokussiertem Raphaelbass klangmalerisch Tiger, Löwe, Ross, Rinder, Fische und aus der Urtiefe kriechendes Gewürm  lebendig. Warme Empfindung  zeigte er als Adam für die „Holde Gattin“ und grüßte auch beglückt die Sonne als „der Sterne hellster“ und „des Weltalls Seel und Aug“. Zur Finallobpreisung Gottes forderte der Dirigent seine Musiker zu  rasender Geschwindigkeit heraus und schürte mit diesem effektvollen Abgesang den Beifallssturm des Auditoriums.

Bilder: dpk-Aumiller