Schöne Feinarbeit

FESTSPIELE / TRIO WANDERER

19/08/12 Das Trio Wanderer gastierte im letzten Konzert der Serie „Über die Grenze“ im Mozarteum und bewies, dass Antonin Dvo?áks „Dumky-Trio“ sehr viel mit epischer Erzählung zu tun hat und weniger etwas mit slawischer Tanzbodenlaune.

Von Gottfried Franz Kasparek

altDie ukrainische „Dumka“ hat ja auch Balladencharakter und noch dazu steckt das Wort „dumati“ – nachsinnen – drinnen. Was die drei Herren aus Frankreich sehr wörtlich nehmen. Dieses Klaviertrio in e-Moll kann „böhmischer“, musikantischer interpretiert werden, aber nicht feingliedriger, nuancenreicher und diskreter als von den „Wanderern“. Die größte Kraft dieser Wiedergabe liegt im Leisen, im genauen und liebevollen Nachspüren hinter den Klängen. Das Stück ist ja an sich ein wagemutiges Experiment, changierend zwischen freier Rhapsodie und klassischer Form. Genau dieses Spannungsfeld bringen der Pianist Vincent Coq, der Geiger Jean-Marc Philips-Varjabédian und der Cellist Raphaël Pidoux mit eher sanfter Leidenschaft zur Geltung. Die Stimmungskontraste zwischen schwermütigen und tänzerischen Passagen, die das ganze Werk durchziehen, erschienen mitunter ein wenig geglättet, aber das durchgeistigte und dennoch beseelte Spiel machte dies wett.

Davor waren drei kürzere Beispiele der Gattung Klaviertrio zu hören. Kaum bekannt ist, dass Franz Liszt seine „Vallée d’Oberman“ aus den „Années de Pelerinage“ im Alter als emphatisches Klaviertrio bearbeitet hat, mit dem auch auf Wagner weisenden Titel „Tristia“. Bei den „Wanderern“ klingt dies gar nicht trist, sondern von Schönheit durchpulst.

Franz Schubert, der dem Trio den Namen gegeben hat, galt gleichsam die Mitte des Konzerts. Vor der Pause erklangen acht „Moments musicaux“ aus der Feder des 1974 geborenen Franzosen Bruno Mantovani, eines phantasievollen Polystilistikers, von dem man gerne mehr hören würde. Die Momentaufnahmen, eine geistvolle und gefühlvolle Hommage an Schubert mit Seitenblicken auf die Avantgarde, basierend auf der Tonfolge F-A-Es-C-H, also FrAnz SCHubert, gehen pausenlos ineinander über, streifen minimalistische Regionen ebenso wie expressive Gegenden und entwickeln die Klangwelt des Vorbilds in eine freitonale Sphäre weiter. Großartig, wie fein ziseliert das Trio dies nachzeichnete. Von dunkler Wehmut getragen, aber kaum aufbegehrend war dann nach der Pause Schuberts Notturno, dieser geheimnisvolle, schwer auslotbare Klaviertriosatz aus dem Todesjahr des Komponisten.

Der herzliche Applaus wurde am Ende mit zwei besonders wirkungsvollen, klassischen Finalsätzen belohnt, aus Joseph Haydns „Zigeunertrio“ und Ludwig van Beethovens op. 1/1. Auch in diesen Stücken überwog die Feinarbeit den Effekt, ohne auf zündende Rhythmik zu vergessen.

Bild: http://www.triowanderer.fr