Mit „La Valse“ in die Tanz-Ekstase

FESTSPIELE / GUSTAV MAHLER JUGENDORCHESTER / DANIELE GATTI

22/08/12 Salzburg gehört zu den Fixpunkten in der Sommertournee des Gustav Mahler Jugendorchesters. Es ist unter den juvenilen Stagione-Orchestern jenes, das der Wiener Orchestertradition am nächsten kommt. Das hängt natürlich im Detail vom Dirigenten ab. Im Großen Festspielhaus stand am Dienstag (21.8.) Daniele Gatti am Pult.

Von Christiane Keckeis

Schon im introvertierten Piano in feinster dichter Qualität mit dem Beginn des Vorspiels zum dritten Aufzug von Richards Wagner Parsifal zeigt das Orchester seine Qualitäten: eine schöne Pianokultur, homogenste Gruppen, saubere Bläserintonation, sensibles Gestalten, Klangschönhe. Da mangelt es an nichts und so gerät Wagners Musik unter der Leitung von Luigi Gatti zum intensiv spannungsvollen, sensibel phrasierten Erleben – ohne überflüssiges Schmalz, nicht dick aufgetragen, sondern erfühlt und erfüllt.

Bilderreich und ausdrucksstark, vielleicht auch deshalb vielfältigen biographischen Deutungen unterworfen, ist Alban Bergs Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“ bei Frank Peter Zimmermann in besten musikalischen Händen. Da ist keine Facette, die er nicht auslotet, der Farbenkünstler mit dem variationsreichen Vibrato und dem herrlichen Ton. Mit dem nicht minder farbenreichen und präsenten Orchester entsteht ein intensives dialogisches Miteinander zwischen Engelstönen und makabrem Totentanz, gespenstisch anmutendem Ländler und verzweifeltem Aufbegehren, zwischen überirdischer Anmut und rigoroser Brutalität, mitreißend und berührend.

altEin ganz klein wenig unwienerisch, dafür mit frischer elastischer Jugendlichkeit badet nach der Pause die Rosenkavalier-Suite des Richard Strauss in einem wunderbaren Klang, mal satt und voll, mal fein und edel. Da darf‘s dann auch mal so richtig laut werden, mit Tsching Bum und Krach leiert und dreht sich der Schlusswalzer in ein pompös-irres Finale, dem die Kraft der Jugend anhaftet und das Leben. Was soll da die wehmütige Larmoyanz des Alters? Gatti nimmt die Straus‘sche Auseinandersetzung von Jugend und Alter gelassen und weniger hintergründig. Spontaner Bravo Jubel ergießt sich schon in den kraftvollen Schlussakkord.

Ein Walzer, der aus der Tiefe kommt (respektive aus den Kontrabässen und Fagotten), wie hinter einem Schleier versteckt, der allmählich weggezogen wird, bildet den Schluss: Maurice Ravels „La Valse“ lässt als effektvoller surrealer Tanz noch einmal alle Facetten des beweglichen Orchesters deutlich werden – stupend, wie die jungen Musikerinnen mitgehen und ausdrücken, rhythmisch genau, dynamisch mit breitem Spektrum. Und kraftvoll: was für ein Finale, in nahezu wahnwitziger Hybris bis an die Grenzen gesteigert, welch dramaturgisch geschickter Schluss: Wer könnte da nicht jubeln?

Bild: SF / Wolfgang Lienbacher (1); Pablo Fasccinetto (1)