Der Historiker Robert Kriechbaumer war der Referent. Gleich unmittelbar nach dem „Anschluss“ habe es der politischen und ideologischen Logik der Nationalsozialisten entsprochen, die Festspiele kulturpolitisch neu zu positionieren und zu interpretieren. Im Sinne der seit 1933 im Deutschen Reich praktizierten Kulturpolitik wurden sie als eine „Angelegenheit Großdeutschlands“, der „deutschen Seele“ und der „deutschen Kunst“ gesehen. Dazu erfolgte eine vor allem 1938 und 1939 in zahlreichen Erklärungen beschworene Abkehr von der bis zum „Anschluß“ dominierenden katholisch-jüdisch-internationalen Festspielidee, die als Perversion der auf Richard Wagner zurückgehenden Konzeption interpretiert wurde.
Die zwischen 1933 und 1937 dominante internationale Strahlkraft der Festspiele wurde auf die Bedürfnisse der nationalsozialistischen Außenpolitik reduziert, das heißt vor allem die Achse Berlin/Rom.
Die Festspiele wurden ab 1938 zum Gegenstand NS-interner Rivalitäten, wobei es Joseph Goebbels gelang, sie seinem Einflussbereich einzuverleiben. Hitlers Interesse galt vor allem Bayreuth. Goebbels gelang es aber bereits im Sommer 1938, sich an der Salzach die kulturpolitische Oberhoheit zu sichern, indem er zusicherte, dass in Salzburg in Zukunft keine Wagner-Opern aufgeführt würden.
In der Folgezeit wurden die Salzburger Festspiele auch zum Prestigeobjekt des Reichspropagandaministers, der mit Clemens Krauss den idealen künstlerischen Exekutor seiner Absicht, Salzburg zum künstlerischen Antipoden Bayreuths zu positionieren, gefunden zu haben meinte. Krauss erhielt den seinen künstlerischen Intentionen durchaus entsprechenden Auftrag, Salzburg aus der Wiener Dominanz zu lösen und hier ein spezifisches Mozart-Ensemble sowie eine spezifische Inszenierungskultur zu schaffen.
Wenngleich dies der künstlerischen Konzeption von Krauss entsprach, so versuchte er andererseits, sehr zum Ärger von Goebbels, Widerstand gegen die deutsche Dominanz zu leisten, indem er bewusst die österreichische Tradition der Festspiele betonte und im Bereich des Schauspiels nicht nur ein Gastspiel des Burgtheaters in das Programm nahm, sondern auch erstmals ein Stück von Nestroy.
Goebbels vertrat die Auffassung, dass Festspiele während des Krieges nicht stattfinden sollten, stieß damit jedoch auf den entschiedenen Widerstand der lokalen NS-Eliten, die bei Hitler intervenierten und die Fortführung der Festspiele, wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen, wie etwa „Theater- und Musiksommer“ erreichten. (InfoZ)