Konzerttermine muten heuer mitunter etwas gewöhnungsbedürftig an. Etwa Sonntag (21. 7.) Beginn um 17 Uhr – war das vielleicht mit ausschlaggebend dafür, dass im Parkett etliche Lücken klafften? Rudolf Buchbinder hätte sich jedenfalls ein volles Auditorium verdient, auch wenn seine Werkwahl nur schwer Zusammenhänge entdecken ließ.
Eine Einspielübung am Beginn? Nicht ganz: Wolfgang Amadé Mozarts Variationen über das französische Kinderlied „Ah, vous dirai-je, Maman“ KV 300e (265) verbieten sich das doch, auch wenn man die schlichte Melodie auf den Text „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ kennt. So gestaltete Buchbinder den Einstieg unprätentiös, entsprechend schlicht, und setzte schon dabei der Themenwiederholung durch subtil verschobene Akzente, anders gelagerte Beleuchtung, zusätzlich kleine Lichter auf, um sich danach mehr und mehr solange gefordert spielerischer Fingerfertigkeit zu ergeben, bis die vorletzte, elfte Veränderung Einhalt gebot. Nach deren verinnerlichten Gedanken trumpfte Rudolf Buchbinder zum Schluss erneut auf.
Welch nahezu schon überbordendes Maß an pianistischer Technik Buchbinder nach wie vor zu Gebote steht, demonstrierte er danach locker, nahezu gleichsam so wie im Vorübergehen, an Hand von Johann Sebastian Bachs Dritter Englischer Suite in g-Moll BWV 808. Virtuos rauschte es, vom Prélude angefangen, nahtlos durch die folgenden fünf Tanzsätze. So forderte Buchbinder, mitunter fast hart an der Grenze noch nachvollziehbar kontrapunktischen Stimmengeflechts führend, vom Hörer voll konzentriertes Mitdenken. Ein Eindruck, den er mit der 2. Zugabe dann, der abschließenden Gigue aus der die Klavierübung Teil 1 eröffnenden Partita in B-Dur BWV 825, nochmals bekräftigen sollte.
Franz Schubert steht heuer im Fokus dreier Festspiel-Solistenkonzerte: Buchbinder eröffnete diesen Reigen nach der Pause mit der letzten, gleichfalls in B-Dur stehenden Sonate D 960. Verhalten schlich er in deren Kopfsatz, widmete sich umso nachdrücklicher dann von der Rekapitulation der Exposition aus den latent lauernden dramatischen Spannungen. Voll auch, was an Wehmut ob des Wissens um „es hätte so schön sein können“ im Andante danach eigentlich permanent mitschwingt. Eine Stimmung, die das quicke Scherzo nur kurz abzuschütteln versucht, während das Finale dann letztlich fast unwillig Tragik und Trauer ein Ende setzt. Unter Buchbinders Händen aus einem Guss, grandios gedeutet.
Zuguterletzt gab Buchbinder dann allerdings noch dem Affen Zucker. Lebhaft bedankt, provozierte die „Soirée de Vienne“ op. 56, Alfred Grünfelds aberwitzige Paraphrase über Walzermotive von Johann Strauß Sohn, Standing Ovations.