Auferstehen!

FESTSPIELE / BR SYMPHONIEORCHESTER / JANSONS

07/08/13 Die Menschen mit ihrem einfältig geschäftigen Treiben - könnte man sie nicht genauso gut zermalmen? In der Interpretation der „Zweiten“ Mahler von Mariss Jansons war das durchaus immer wieder eine Option. Die Hoffnung auf Auferstehung – von Anfang an spürbar – erfüllte sich triumphierend.

Von Heidemarie Klabacher

138In der Reihe der Gesamtaufführung aller Symphonien Gustav Mahlers in diesem Festspielsommer begeisterten Mariss Jansons, das Symphonieorchester und der Chor des Bayerischen Rundfunks sowie die Solistinnen Genia Kühmeier und Gerhild Romberger mit der „Auferstehungs“-Symphonie, der ersten Symphonie, in der Gustav Mahler Chor und Solisten einsetzte.

Introvertiert, verhalten, ja verängstigt und verängstigend nahm die Symphonie Nr. 2 c-Moll ihren Anfang mit dem „Allegro maestoso“. In den immer wieder aufbrechenden dramatischen Passagen von Angst und Verzweiflung war dennoch von Anfang an starke quasi unterirdisch brodelnde Energie spürbar: Wie ein Vulkan, dessen Ausbruch sich von Anfang an abzeichnete, dessen Kräfte sich aber über mehr als eine Stunde hinweg bündelten und aufbauten.

Im zweiten Satz, Andante moderato, folgte Mariss Jansons der Satzangabe „Sehr gemächlich. Nie eilen“.  Von größter Ruhe getragen auf langen ruhigen Atemzügen floss dieser Satz wie ein breiter Strom vorüber, an Felsen und Stromschnellen freilich verhängnisvollen Sog und Zug in die Tiefe ausübend. Da mögen im zauberhaften pizzicato-Teil die Streicher klingen wie ein heiteres Mandolinenorchester - zu diesem Zeitpunkt hat man seine Lektion schon gelernt: Ruhe und Frieden sind zwiespältig und das Chaos lauert überall. Wäre da nicht gelegentlich das „Auferstehungsmotiv“, das von Anfang an wie eine Verheißung für Augenblicke zu hören ist. Da mögen Schlagzeug und Pauken drohen und mit wildem Schlag die scheinbar heitere „Fischpredigt“ unter ein dunkles Vorzeichen stellen: Die Menschen mit ihrem einfältig geschäftigen Treiben, die hier karikiert werden, könnte man sie nicht genauso gut zermalmen? In der Interpretation von Mariss Jansons war das durchaus immer wieder eine Option. Aber das Auferstehungsmotiv war ebenfalls von Anfang an präsent…

Es war atemberaubend, wie kontrolliert und präzise Mariss Jansons die Spannung aufbaute, immer neue Bögen spannte und immer intensivere Steigerungen an Intensität und – zu guter Letzt auch an Lautstärke - möglich machte.

Im vierten Satz „Urlich“ überwältigte die Altsolistin Gerhild Romberger mit einem überirdisch schönen, dabei ebenso macht- wie verheißungsvollem „Urlicht“. Mit Beginn des fünften Satzes bäumten sich noch mehrmals die Energien auf, die sich den ganzen Abend hinweg zusammengeballt hatten, kämpften ein letztes Mal die Kräfte des Lichtes und der Finsternis gewaltsam gegeneinander – um dem Einsatz des Chores im Pianissimo alle Verheißungen einzulösen: „Auferstehn…“

Genia Kühmeier gab dem strahlenden Sich-Aufschwingen der Erlösungshoffnung Stimme: Wie ein Sonnenstrahl löste sich der Solosopran aus dem Part des Chorsoprans, als Führer in himmlische Sphären.

Chor und Orchester des Bayerischen Rundfunks folgten Mariss Jansons mit größter Intensität bei bewundernswerter Transparenz auf diesem weit gespannten Bogen ins Licht. Ein Erlebnis.

Hörfunkübertragung am 25.8. um 11.03 Uhr in Ö1
Bild: SFS / Silvia Lelli