Serenus (lat.) - heiter

FESTSPIELE / CAMERATA  / HANS GRAF / SERENADE

13/08/13 Dem ethymologischen Ursprung des Wortes entsprechend erfüllten die drei Serenaden von Mozart, Bernstein und Brahms den Residenzhof mit der Heiterkeit eines lauen Sommerabends.

Von Christiane Keckeis

Dass der Himmel nicht ganz mitspielte, fiel dank der ausgeklügelten (Dach)technik kaum auf: Im ihrem ersten Serenadenkonzert im Residenzhof erfreute die Camerata Salzburg am Montag (12.8.) mit Abend- und Nachtmusiken von Mozart, Bernstein und Brahms.

Dass die Bläser der Camerata auserlesen differenziert und mit durchweg schönem Ton musizieren, ist nichts Neues, war aber im Auftakt des Programms wieder einmal eindrücklich zu erleben: Mozart schrieb die Serenade c-Moll KV 388 für ein Bläseroktett aus jeweils doppelt besetzten Oboen, Klarinetten, Fagotten und Hörnern, für eine sogenannte „Harmoniemusik“. Die acht Musiker und Musikerinnen machten dem Namen alle Ehre.

Wie sie sich ineinanderfügen, Phrasen weitergeben, Antworten anschließen, Duette im sensiblen Miteinander führen, Pianissimi mit Spannung füllen, Innigkeit ebenso wie Lebendigkeit ausdrücken: Das wirkt musikalisch wie gruppendynamisch „harmonisch“ und ist Kammermusik in ihrer intimsten Form. Hans Graf fühlte sich als Dirigent hier wohl etwas unnötig, übernahm aber die Rolle unaufdringlich und charmant, unterstützte die Impulse in dieser „Nacht Musique“ ohne Selbstdarstellung.

Leonard Bernsteins „Serenade nach Platons Symposion“ für Solovioline, Streichorchester, Harfe und Schlagzeug lässt die griechischen Philosophen sprechen: Phaedros, Pausanias, Aristophanes, Eryximachos, Agothon, Sokrates und Alkibiades huldigen der Liebe, nehmen Standpunkte zu Liebe, Eros ein. Es entsteht quasi eine philosophische Programmmusik von voller Farbigkeit und Leben, unphilosophisch sinnlich.

Benjamin Schmid übernahm den solistischen Violinpart der Serenade, die Rolle des musikalischen Wortführers, stets im Dialog mit den Streichern und Schlagwerkern der kongenialen Camerata. Er macht das genau so, wie es von ihm zu erwarten ist: fesselnd und atemberaubend.

Schwierig zu definieren, was die Faszination und Unverwechselbarkeit von Schmids Spiel ausmacht: Sicher, er ist virtuos, stilsicher in der Tongebung, niemals belanglos – aber das sind andere auch. Vielleicht ist es diese besondere Hingabe in die Musik, ein Verschmelzen, das mehr ist, als ein Unterordnen unter die musikalische Aussage. Diese wird, wenn der Solist selber zur Musik wird, fast transzendent. Es ist ein Erlebnis, wie Benjamin Schmid in Bernsteins „Serenade“ die Facetten der Liebe schildert: zärtlich bis schalkhaft, erotisch bis innig, energisch und schön.

Die Camerata bettet die Violinstimme ein, bietet ihr mit feinfühligem Klangteppich die Möglichkeit, ins feinste Pianissimo zurückzugehen, echot dann wieder kraftvoll und bezaubert ihrerseits mit farbigem Streicherklang und lebendig-präzisem Schlagwerk. Das Publikum feiert die Protagonisten dieses überzeugenden Statements zum Thema Liebe ausgiebig.

Brahms Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11 vereint Streicher, Bläser und Schlagwerker der Camerata wieder. Gemeinsam schwelgen sie in dem so farbig orchestrierten Werk des jungen Brahms, schwelgen in Klang und Schwung, in freudigem Fließen und Ineinandergreifen: so dass trotz aller Klangschönheit eine transparente durch-hörbare Musik entsteht.

Hans Graf leitete unaufgeregt, souverän und sicher, mit Nonchalance und Feinfühligkeit. Ausdrucksstark bewegt sich das Spektrum zwischen freudiger Entschlossenheit, heiterem Gelächter bis zur Zaghaftigkeit und grenzenloser melodischer Seligkeit. Auch die musikantische Durchschlagskraft fehlt nicht: Welch vielseitiges Orchester. Es ist schon Nacht, als das Konzert endet – und voll schöner musikalischer Gedanken konnten Zuhörer wie Musiker etwas erschöpft, doch zufrieden in die Betten fallen.

Bild: SFS/?Salomon (1); Christian Steiner/cmartists.com (1)
Ihre zweite Serenade im Residenhof spielt die Camerata Salzburg unter der Leitung von Jamie Phillips am Donnerstag (15.8.) ebenfalls um 21 Uhr.