Abendliche Licht- und Schattenseiten

FESTSPIELE / CAMERATA  / JAMIE PHILLIPS / SERENADE 2

17/08/13 Der Himmel war gnädig und die Sterne blitzten im Wettstreit mit den Tausenden von Watt der Scheinwerfer im Residenzhof beim zweiten Serenadenkonzert der Camerata Salzburg am Donnerstag (15.8.). Das Programm lockte mit Mozart, Haydn und Britten.

Von Christiane Keckeis

Mozart also, Meister der Serenadenkunst, zunächst in Streicherbesetzung. In der „Serenata notturna“ D-Dur KV 239 ist dem Orchester konzertierend ein Streichquartett gegenübergestellt: Das Kammermusikalische, das liegt der Camerata. Sehr fein ziseliert, grazil musizieren die vier Konzertierenden, zwei Violinen, Viola und ein Kontrabass. Mit sichtbarer Freude umrahmt sie das Orchester. Spielerisch, leicht bleibt die Deutung, sogar die Pauken pauken im zwinkernden Piano. Das vorgeschriebene Maestoso des Marsches im ersten Satz hat man wohl schon gewichtiger gehört, die Miniatur-Kadenzen im Rondeau des dritten Satzes dagegen nur selten neckischer. Jedes Solo-Instrument hat seinen kleinen Auftritt. Da wird jubiliert, dramatisiert, gestaunt und gescherzt. Und wenn der Pauker schließlich ein ganz paukenuntypisches Schlagzeugsolo hinlegt, schmunzelt das Publikum. Jazz à la Mozart, höchst erfreulich.

Und noch einmal Mozart, die Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Fagott, Horn und Orchester Es-Dur KV 297. Die vier Solisten machen ein Erlebnis daraus, arbeiten fast szenische Dialoge heraus, spielen mit den Charakteren ihrer Instrumente. Die leicht zickige Oboe (Nick Deutsch) ratscht mit der lebhaften Klarinette (Wolfgang Klinser), das lehrmeisterliche Fagott (Franz Forst) kommentiert, während das Horn (Johannes Hinterholzer) für Ruhe und Erdung sorgt. So geht es dahin, mit wechselnden Rollen. Szenenwandel im zweiten Satz: ein anderes Land, alles ist weicher, geschmeidiger, klangschön und ausdrucksstark. Der dritte Satz ergeht sich wieder in lebhaften Dialogen, von Ansprachen unterbrochen. Herrlich, wie die Klarinette alle ihre Farben gleich einer Sprachmelodie einsetzt, wie die Oboe in Gelächter ausbricht.

Das Orchester dagegen zelebriert hier Mozart in überlieferter Manier: gediegen, kultiviert, eine Spur gepflegt langweilig, in unscharf phrasierter Mozart Ermüdung, was schade ist, da die Solisten so lebendig zeigen, wie spannend es eigentlich sein könnte.

Eine Welt mit nächtlichen Schatten wartet nach der Pause: Benjamin Brittens „Serenade“ ist ein Zyklus von englischsprachigen Liedern für Tenor, Horn und Streicher, der das Publikum in eine von Mozart weit entfernte dunkel- geheimnisreiche Landschaft entführt.

Beginnend mit dem Prolog des Naturhorns, vom durchweg unaufdringlich präsenten Hornsolisten Johannes Hinterholzer sensibel und klangvoll gestaltet, wird der Zuhörer bis zum sanften Schlaflied gegen Ende durch die verschiedensten nächtlichen Facetten geleitet. Der englische Tenor Ian Bostridge ist ein souveräner Führer, eindringlich, ohne zu dramatisieren, im Spiel mit seinen Stimmfarben einmal weich, dann keckernd , einmal grenzenlos offen, dann wieder gespitzt, spöttisch, erzählend, kraftvoll. Und bei all dem very british. Das passt gut in die Sommernachtstraumkulisse des Residenzhofs und verbreitet Stimmung. Auch die Camerata hat Freude am Spiel mit Farben und ist ein präsenter Partner für die beiden Solisten.

Abschließend geht’s wieder zurück auf den Kontinent: Haydns Jagd-Symphonie kehrt zur Kultiviertheit des Beginns zurück, das klingt sehr gutbürgerlich-klassisch, der humorvolle Haydn blinzelt allenfalls gelegentlich ums Eck – und endet mit einer wilden Prestojagd, die die Geigen gar ein wenig schleudert ob des rasanten Tempos.

Der Dirigent, Jamie Phillips, Gewinner des Salzburg Festival Young Conductors Award 2012, war vor allem eins: jung. Sehr bemüht, Impulse und Deutungen anzubringen, schien er über weite Strecken beim Orchester nicht anzukommen. Demütig kommt er zeitweilig nicht einmal mehr zum Verbeugen und lässt den Solisten-Kollegen und dem Orchester den Vortritt. Wie weit es im Rahmen der Salzburger Festspiele Sinn macht, einen Zwanzigjährigen mit einem geläufigen Programm neben internationale Dirigentenkapazunder zu stellen und ob man dem Nachwuchs damit einen Gefallen tut, sei ernsthaft infrage gestellt. Auch so können Begabungen verheizt werden.

Bild: SFS / Silvia Lelli